Volltext: Anton Graff

Die 
Berufung nach Dresden. 
ohne weitern Verzug hingehen. In Zeit von vierzehn Tagen werde ich also 
das Portrait über Leipzig an Dieselben versenden; ist es dann, dass es Ihnen 
gefällt, so wird der ehrliche Mann Graff bald folgen; ist es aber, dass es 
Ienenselben noch nicht genugthun kann, so reist er nicht auf Ungewisses hin, 
und Sie sind versichert, dass Sie nicht einen mittelmässigen Künstler ver- 
schrieben haben. Von der Zeit an, da das Portrait gemalt worden, hat er 
übrigens die Manier zum Vortheil geändert und ist auf ein lebhafteres Colorit 
gefallen. Wenn noch das eine und das andere an seiner Arbeit zu tadeln 
ist, so Weiss ich gewiss, dass er unter der Kritik von Kennern sich in wenig 
Zeit bessern wirdtil) 
Hagedorn musste sich wohl oder übel auf diesen Vorschlag einlassen 
und gab mit den Worten: "Der Bildnissmaler Graff hat aus Misstrauen in 
seine Kräfte erstlich sein eigenes ihm sehr ähnliches Bildniss, das er vor 
geraumer Zeit gemalt, mittlerweile er sich, wie ein andrer anmerkt, in der 
Kunst stärker gemacht, aus Zürich abgeschickt und wird sodann die Bestätigung 
oder die Zuschreibung des letzten gnädigsten Befehls in Ehrfurcht erwarten" 2) 
 dem Prinzenadministrator über die von ihm erzielten Erfolge Nachricht. 
Am 16. Januar 1766 langte GrafPs Bild in Dresden an. Man braucht in 
der That nur einen vergleichenden Blick von den geschminkten und ge- 
spreizten Portraits, wie sie seither in Dresden gang und gäbe waren, auf diese 
einfach anspruchslose, mit der grössten Liebe gefertigte Arbeit zu werfen, um 
in den allgemeinen Beifall einzustimmen, mit welchem es von Hoch und 
Niedrig begrüsst wurdeß) Bereits am folgenden Tage konnte Hagedorn in 
einem Schreiben an den Prinzenadministrator die genauen Bestimmungen wegen 
Graff's Anstellung formuliren. 
"Nachdem das gestern eingelaufene Bildniss des Malers Graff in Winter- 
thur bei Zürich gnädigsten Beifall erhalten", schreibt er, "auch andere von 
Augsburg aus eingelaufene Nachrichten, wie wohl man mit ihm persönlich und 
mit seiner Geschicklichkeit im Treffen zufrieden, sattsam darthun, so habe 
ich die Sache bis auf Ew. k. Hoh. Entschluss nunmehro dahin eingeleitet, 
dass besagter Künstler Graff 
1) in wirkliche kurfürstl. Dienste allenfalls mit einer ihm in originali 
mitzutheilenden höchsten Versicherungsresolution angenommen und ihm zu- 
I) Briefe von Mitgliedern der Akademie an Chr. Luclw. von Hageclorn im kg]. sächs. 
Irlauptstaatsarchiv. 
2) Acta die neuerrichtete Kimstakademie betreffend im kgl. sächs. Hauptstaatsarchiv. 
3) Es ist das Bild N0. 1971 der Dresdener Gallerie, in meinem Verzeichniss N0. 3. 
Im Dresclener Cataloge findet man fälschlich das Bild N0. 1970 (bei mir 117), das Graff im 
Alter von 58 Jahren darstellt, als Receptionsbild angegeben. Meine Annahme, dass N0. 1971 
das Receptionsbild sei, erhellt aus der Neuen Bibl. d. schönen W. u. fr. K. II, p. 158.
	        
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