Zweiter
Teil.
Die hervorgehobenen stilistischen Eigentümlichkeiten ver-
anlassen uns, dem Candid ein Werk zuzuweisen, das, liefsen
wir nur äufsere Gründe gelten, auf einen ganz anderen Ur-
Sprung-zurückgeführt werden müfste: die Gruppe des Perseus
und der Medusa auf dem Brunnen des Grottenhöfchens. Ehe
wir jedoch auf die Begründung dieser Annahme, auf die von
manchen Seiten der Schein des Zweifels geworfen wird, selbst
eingehen, werden wir zu motivieren haben, inwiefern wir über-
haupt berechtigt sind, unseren Künstler auch als Plastiker zu
betrachten, oder vielmehr, da er nicht ausführender Künstler
auf diesem Gebiete war, anzunehmen, dafs er zu plastischen
Arbeiten Entwürfe geliefert habe, denn für kein einziges Werk
ist seine Mitwirkung quellenmäfsig bezeugt, und diese gewalt-
same Arbeitsteilung, die wenig naturgemäfses hat, kann leicht
dem auftauchenden Zweifel einen Schein des Rechts verleihen.
Nur zu einem der in Betracht kommenden Werke haben
sich die ursprünglichen Handzeichnungen erhalten. IEhe wir
jedoch diese zu unserer Beweisführung heranziehen, wobei sti-
listische Begründung und somit subjektive Zuthat nötig ist,
wollen wir versuchen, allein auf Grund der Thatsachen den
Zweifeln zu begegnen.
Sehen wir uns unter den verschiedenen Autoren, die über
Candid berichtet haben, um, so werden wir dieselben alle darin
einig iinden, dafs dieser nicht nur Maler urar, sondern auch in
anderen Zweigen der bildenden Kunst thätig gewesen ist. Schon
bei van Mander lesen wir, dafs er nicht nur „een goedt Meester
in het nat en Oly-verwe" war, sondern es auch verstanden habe,
„aerdigh van Aerde bootserende, dat hem in de Schilderkonst
groot vordeel is." Sandrart!) giebt an, dafs Candid in der
Münchener Residenz „auch zu allerley nötige Ornamenten die
Modellen und Zeichnungen ser vernünftig angeordnet" habe.
Miliziaz) nennt ihn als Künstler des Ludwigsmaussoleums und
Bianconi, der wie erwähnt im Jahre 1760 in München war, und
I) Joachim Sandrart,
Künste 1679.
2) Francesco Milizia,
Dritte Ausgabe 1781.
Teutsche
Akademie
der
Bild-
und
Malerey-
Memore
degli
architetti
antichi
moderni.
1725-