Das
Grottenhöfchen in
der Herzoglichen Residenz.
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bilde des Candid. Mit scharf nach links gedrehtem Oberkörper
sitzt dieselbe nach rechts auf einem Felsen und ist im Begriff,
dem links neben ihr mit aufgeschlagenen Rade stehenden Pfau
mit der erhobenen Rechten ein Auge des Erschlagenen ein-
zusetzen, dessen mit Augen übersäter aber zum gröfsten Teile
durch den Felsen verdeckter Körper links von diesem liegt,
Während das auf demselben liegende abgeschlagene Haupt von
der Göttin gehalten Wird, deren schöne Arme nackt aus dem
durch einen Spangengürtel zusammengehaltenen Gewande her-
vortreten. Was an dieser Figur besonders angenehm berührt,
ist der feine Rhythmus der Bewegung, das Spiel der Kontraste,
das doch durch Mafs und Gesetz gezügelt ist. '
Auf diese beiden Gemälde beschränkte sich jedoch die
Thätigkeit des Candid in der Grottenhalle nicht, denn er em-
pfing noch häufig Farbe für Arbeit in derselben, ohne dafs
diese näher bezeichnet wäre. Wir meinen jedoch in einzelnen
Partien seine Kunstweise zu erkennen. Zunächst in den sieben
Putten über den Arkadenbögen, die uns in ihrer ganzen Auf-
fassung an den lustigen Puttenfries im Goldenen Saale des Rat-
hauses in Augsburg erinnern, der, wie wir später beweisen
werden, dem Entwurfe nach von Candid herrührt. Wir halten
mit Hefner die dritte Figur vom Eingänge aus gerechnet, die
in Dreiviertelprofil von hinten sichtbar ist, für die beste. Ferner
scheinen uns die Gestalten in den Kartuschen der Zwickel sein
Werk zu sein, deren Vergleichung mit ähnlichen von Sustris
in der Trausnitz gemalten, sowohl in der Wahl der Stellungs-
motive als in der Proportion der Körperteile, die gröfsten V er-
schiedenheiten aufweist, während sie denen an der Decke der
einen nördlichen Durchfahrtshalle der Residenz, die wir später
kennen lernen werden, ähnlich sind. Von besonderer Schön-
heit sind unter denselben ein mit einem Blumenkorbe auf dem
Haupte vorwärts eilendes und sich im Laufe umwendendes
Mädchen, eine tamburinschlagende Tänzerin mit entblöfstem
Oberkörper und Hatterndem, leicht um die Lenden geschlungenem
Gewande, sowie ein nach vorn schreitendes Mädchen, das nach
links blickend nach rechts hin einen Korb mit Blumen hält,
wobei ihr schöner rechter Arm in anmutiger Bewegung schräg
über den Körper hinweggleitet.
Röe, Peter Candirl. 6