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Zweiter
Teil.
Die angesehensten Künstler, welche damals in München
lebten, wurden herangezogen, um die Kirche mit ihren Werken
zu schmücken. Unter denselben finden wir seit dem jahre 1587
Candid beschäftigt, über dessen Thätigkeit uns wiederum die
Malerrechnung den nötigen Aufschlufs gibt. Hier erfahren
wir, dafs er im Jahre 1587 das Verkündigungsbild und in diesem
wie in dem folgenden ]ahre das Ursulabild malte, von denen
sich jenes in der dritten Kapelle der linken, dieses in der ersten
Kapelle der rechten Seite als Altarbild befindet. Beide sind
unbezeichnet.
Das Verkündigungsbildl) zeigt uns in einem Gremache, durch
dessen geöffnete Thüre man in eine Kammer mit offenem Fenster
blickt, die Iungfrau, welche links an einem Betpulte niederge-
kniet ist und sich mit vorgehaltenen Händen erstaunt nach dem
von rechts auf einer Wolke daherkommenden Verkündigungs-
engel umwendet, der in der Linken einen Lilienzweig hält und
die Rechte erhoben hat. Zwischen beiden schwebt in Gestalt
einer Taube der heilige Geist und darüber in einer Mandorla
von Cherubim Gott Vater, der von betenden Engeln, die in
reichen Scharen aus den Wolken hervorkommen verehrt wird.
Wir können dem Bilde nicht den Wert beimessen, den
für uns die Bilder der Grrottenhalle haben, denn wenn es auch
in einzelnen Teilen, wie in der Zeichnung des Verkündigungs-
engels, dem anmutigen Köpfchen und den feinen Händchen der
Iungfrau, sowie in der Bildung einzelner Engelsgestalten offen-
bare Schönheiten aufweist, so hat sich doch der Künstler bei
der Gesamtanlage und Durchführung nicht mit Freiheit be-
wegt. Die Ölmalerei war ihm etwas Fremdes, die Wandmalerei
sein eigentliches Element. Die F arbengebung ist auch hier ganz
im Sinne dieser Technik kalt und trocken.
Etwas tiefer und satter in der Färbung, aber in der Kom-
position noch nicht auf der Höhe, auf der wir ihn nach ener-
gischem Ringen mit dem ihm fremden Elemente, der Farbe
in späteren Tafelgemälden linden, ist das andere Gemälde:
Das Martyrium der heiligen Ursula und ihrer Gefährtinnenf)
von Johannes Sadeler.
von Rafael Sadeler.
1) Stich
2) Stich