Ganz verschieden ist endlich das Zeugniss des Pausanias. Er weiss. nichts.
von der Zerstörung, nichts von der Flucht der Branchiden, sondern spricht von
einer Strafe, welche Xerxes den Milesiern wegen ihrer bei Salamis bewiesenen
Feigheit auferlegt habe. indem er die Statue des Apollo nach Ekbatana entführte.
Schon das Motiv widerspricht der Vermuthung Brunns, dass er diess aus den mi-
lesischen Tempeltraditionen geschüpft habe, ebenso die Zusammenstellung mit dem
Raube aus Brauron.
Nehmen wir aber auch an, dass diese von einander gesonderten Berichte zu-
sammenfallen, dass die persisch gesinnten Branchiden dem Xerxes unter andern
Weihgeschenken die Statue des Kanachos zugeführt haben sollen, so frage ich:
wie war dies nach der Schlacht bei Mykale möglich? Alle Nachrichten von jener
Flucht stimmen darin überein, dass sie auf Befehl des Xerxes und mit ihm zusam-
men nach Oberasien gingen. Die geographische Unmöglichkeit leuchtet ein. Wäh-
rend der Schlacht hielt sich Xerxes in Sardes auf, nach der Schlacht ging er zu-
rück. Wären nun die Branchiden mit ihren Schätzen und mit ihrem Koloss auf
der Flucht zu ihm gestossen, so musste entweder Xerxes ihnen südlich entgegen
gehen, auf die Gefahr hin von den Griechen gefangen zu werden, oder sie mussten
etwa durch das Thal des Maeander einen Weg nach Tripolis suchen. Und dann
hätten ihnen die Griechen, wenn sie des Morgens den Tempel leer fanden, nicht
ein paar Reiter nachgeschickt? und wo bleibt dann die Strafe, von der Pausanias
redet? warum strafte Xerxes die Milesier wegen ihrer Feigheit bei Salamis, wo sie
doch mit den Persern, warum nicht wegen ihres Benehmens bei Mykale, wo sie
gegen seine Truppen gekämpft hatten? Allerdings scheint B. noch einen Zwischen-
zustand zwischen Befreiung und Unterthänigkeit der Milesier nach der Schlacht
anzunehmen. Er meint S. 528: „Sie [die Griechen] kümmerten sich, wie wir ge-
„sehen, absichtlich nicht um die ionischen Städte, und diese hatten sich daher auf
„eigene Hand von ihren persischen Satrapen, deren Schutzwachen und Besatz-
„ungen zu befreien. Es wird dabei gewiss nicht ohne mannichfache Verwüstungen
„abgegangen sein" u. s. W. Nach Herodot 9, 103 f. verhielt sich die Sache
anders. Die Schlacht war geschlagen, in welcher nach den Samiern die übrigen
HIonier abfielen, die Milesier vernichteten die Perser auf dem Rückzuge: oÜ-cw övf
16 öedrspov Üwvfvr, (im) llspsäwv einsam-q; von zurückgebliebenen Besatzungen ist keine
Rede. Erst nachher berathen die Griechen, 0b sie die befreiten Ionier des Fest-
landes dort lassen und schützen oder nach Griechenland führen sollen. Wären
noch Perser in den Städten geblieben, so hätte eine solche Zurückführung nicht
ohne Kampf geschehen können.
Dies erhellt aus den Worten Herodots; noch ausdrücklicher aus dem Berichte
des Ephoros bei Diodor 11, 36 f., wonach auch die Aeoler nach der Schlacht auf-
standen, die Griechen ein Bündniss mit den Ionern und Aeolern schlossen, dann
ihnen riethen, auszuwandern, weil sie sonst mächtige Feinde zu Nachbarn
(dnripouc) haben würden, da aber die Athener ihnen auf alle Fälle ihre Hülfe zu-