Volltext: Vorträge über Plastik, Mimik und Drama

des Blickes. 
insbesondere 
gezogen. Ich Will zum Schluss auch noch ein paar Proben aus ihrer 
poetischen Schilderung anführen. 
Bekannt sind die Verse unseres grossen Minnesänger-s YValther von 
der Vogelweide, in Welchen er den erquickenden Eindruck des An- 
blickes schöner Frauen preist: 
"Wenn lieblich lacht in Liebe ihr süsser rother Mund, 
nlhr glänzend Auge Pfeile sehiesst in Mannes Herzensgrund." 
Und Scheffel, wenn er in seiner Aventiure den alten Minnesängern und 
selbst auch dem berühmtesten, Viralther von der Vogelweide, noch neue 
Lieder in ihrer Weise in den Mund legt, bleibt in diesem Tone, wenn 
er ein noch unentdecktes J ugendgedicht Walthers fingirt, in dem derselbe 
erzählt, wie er als verliebter Troubadour in der Provence einer Dame 
vor der Kirche auflauert, um einen Blick von ihr zu erhaschen. "Da 
schwärmt er in zärtlichem Verlangen: 
"Finstre Nacht will mich umgeben, 
„Sch' ich Dich, o Herrin, nicht. 
"Ach ich kann nicht länger leben 
„Ol1ne Deiner Augen Licht. 
"Wie die Blumen sich erquicken 
"An des Morgens Thau und Schein, 
„Richtet sich an Deincn Blicken 
"Neu empor mein krankes Sein." 
mit seiner eigenen verliebten Sehnsucht 
21' um ein Almosen an: 
und fleht sie, 11 
wie ein Bettler 
witzig spielend, 
„Würdige meines Daseins Oede, 
"Ach, nur eines, eines Blicks, 
"Dem Wie goldner Morgenröthe 
"Ahnung innwohnt künftigen Glücks." 
Schwiemelei ist der Gedanke, und die Vorstellung vom Blick, an 
die sie sich hängt, immer der Lichtschein, der Blitz, der Funke oder 
die Strahlung. Aber wie viel tiefer fasst derselbe Scheffel dieselben 
Wirkungen auf, wenn er nun seinen bevorzugten, eigentlichen echt 
deutschen Minnesänger denen der französischen Troubadour-schule, 
zu welchen er selbst Walther in der Jugend noch rechnet, gegenüber- 
stellt, wenn er seinen Ofterdinger in dem wunderbaren Liede von 
der Christmette berichten lässt, wie auch er der Geliebten in der 
Kirche nachgeht und wie sie ihm nicht nur einen flüchtigen Blick 
im Vorbeigehen zuwirft, sondern 1nit den Augen sich ihm herzlich 
offenbart.
	        
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