Volltext: Vorträge über Plastik, Mimik und Drama

des Blickes. 
insbesondere 
in einem Buche, das sie vor sich liegen haben. Die Eine hat es von 
vorn herein gerade vor sich hin gelegt und sich dem gegenüber recht 
bequem zurechtgerückt, die Andere nicht, und darum muss sie nun 
ihren Kopf so unbequem nach demselben herum drehen. 
Und nun giebt es noch eine Art von Büchern, in denen der 
Mensch zu lesen liebt, ausser solchen mit Seiten voll Zeilen geschriebener 
Schrift; das sind die Gesichter seiner Mitmenschen. Sie haben auch 
ein Oben und Unten, Rechts und Links, Höhe und Breite, und man 
erhält auch von ihnen den bequemsten Üeberblick und den vollsten Ein- 
druck, wenn man sie so vor sich nimmt, dass Höhe und Breite des 
anzublickenden denen des anblickenden Gesichtes gerade gegenüber- 
stehen, und dies beruht natürlich auf Gegenseitigkeit. Im täglichen 
Magdalena von Battoni, Gallerie 
in Dresden. 
Leben und Verkehr macht sich dies meist ziemlich von selbst, weil 
alle Menschen die Köpfe gewöhnlich gerade aufrecht tragen und sich 
mit den Gesichtern in dieser aufrechten Haltung einander zuwenden, 
wenn sie sich ansehen oder miteinander reden. Kinder und Kranke, 
die im Bette liegen, machen am häufigsten Ausnahmen von dieser 
Regel und, wenn man ihnen also ins Gesicht sehen und auch so recht 
die Anschauung und den vollen Eindruck davon haben will, so rückt 
man sie sich auch wie ein Buch zum Lesen gerade vor das Gesicht, 
oder wenn das nicht geht, rückt man sein Gesicht ihnen gegenüber 
zurecht. 
Auf diesem einfachen Verhältniss der Parallelstellung der 
Gesichter
	        
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