Volltext: Vorträge über Plastik, Mimik und Drama

Blickes. 
insbesondere des 
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wodurch sie zur Lachfalte wird. Das Weinen dagegen besteht in einer 
Oeffnung des Mundes mit Herabziehung der Unterlippe und des Mund- 
winkels, mit Spannung der Oberlippe durch die Herabziehung ihrer 
Enden, Entblössung der unteren Zähne und beginnender Bildung der 
unteren Hälfte jener Grenzfalte mit Einziehung nach unten, wodurch sie 
zur weinerlichen wird. Lessing konnte noch Betrachtungen darüber an- 
stellen, dass das Lachen nicht abbildbar sei. Er hatte eben Defreggers 
Bilder noch nicht gesehen. Ich gebe hier im Umriss die zwei Mädchen 
von seinem Bilde „der Salontiroler". Die Dunkle zeigt das Lachen 
auf der Stufe der ausgesprochen reinen Bewegung des Mundwinkels 
nach oben mit Bildung einer spitzen Einziehung der Grenzfalte zwischen 
Backe und Oberlippe nach oben; die Blonde die Steigerung desselben 
zur vollen Mundöffnung mit Einziehung der ganzen Falte nach hinten, 
aber immer noch mit Spannung der Unterlippe mehr als der Oberlippe, 
Entblössung nur der oberen Zähne. Ich wüsste i1n Augenblick keine 
ebenso klassisch einfache bildliche Darstellung des Weinens daneben- 
zustellen. 
In diesen einander geradezu entgegengesetzten Veränderungen der 
Züge des Gesichtes an und um die Lippen bewegt sich der Ausdruck 
des Lachens und Weinens mit mancherlei feinen Modifioationen mehr 
oder weniger auf und ab und nur bei äusserster Entladung der Affecte 
und der Lufterschütterungen durch das krampfhaft gesteigerte Athmen, 
die sich damit verbinden, wird aus beiden gleich ein weitaufgerissener 
Mund. Das ist dann aber auch schliesslich schon nicht mehr die 
Mimik der heitern oder gerührten Stimmung, wie sie sich von vorn- 
herein im Lachen und Weinen ausgesprochen hat, sondern es bleibt 
nur ein Grinsen oder Heulen mit Entblössung aller Zähne und tiefer 
Einziehung der ganzen Falte zwischen Lippen und Backe übrig, 
ebenso wie zuletzt ein völliger Stillstand des Athmens eintritt, dem 
man momentan nicht anmerkt, ob er auf ein letztes ruckweises Aus- 
athmen beim Lachen oder Einathmen beim Weinen gefolgt ist, sondern 
erst wenn es wieder aufhört und nun nach dem letzten athemlosen 
Lachen zuerst wieder eine Einathmung, nach dem Schluchzen eine 
neue Ausathmung folgt. Also hat eigentlich beides mit diesen Ex- 
tremen schon sein Ende erreicht gehabt. 
Es ist nun absolut nicht abzusehen, was für ein Zweck mit 
diesen Bewegungen des Lachens und Weinens, insbesondere denen der
	        
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