I)er
Ausdruck
des Gesichtes,
oft eintritt, so drückt sie dem Gesichte desselben ihre bleibende Spur
auf, welche dann die Neigung zu dieser Art von Erregung oder Stim-
mung als bleibenden Charakterzug ausdrückt. Dieser Gedanke ist be-
sonders ausführlich und gründlich von Piderit k) (lurchgeführt, indem
er Mimik und Physiognomik in der Art als zwei parallele Aufgaben
abhandelt, dass die eine aus der andern folgt. Er beschreibt in der
Mimik der Reihe nach alle möglichen Veränderungen der Gesichtszüge,
welche erfahrungsmässig gewisse Affeete begleiten oder ausdrücken,
und deutet auch hier schon zuweilen an, wie ein derartiger Ausdruck
bleibend werden kann. In der Physiognomik aber stellt er dieselbe
Betrachtung noch einmal an, immer mit dem Zusatze, dass die bleibende
Spur einer Art von Affect, z. B. Heiterkeit, einen zu diesem geneigten
Charakter, also z. B. einen heiteren, zeigt. Wenn man sich diesen
Grundgedanken nun einmal klar gemacht hat, dürfte es genügen, wenn
wir uns die Art, wie eine Bewegung mimisch, d. h. als Ausdruck
augenblicklicher Gemüthszustände wirksam wird, klar machen. Die
physiognomische Anwendung davon folgt dann wohl von selbst.
"Sympathetische Bewegungen" sagt Schiller, begleitende können
wir sagen, besonders im Anschlusse an rein willkürlkrhe M) sind es, in
denen sich die Wirkung des Ausdruckes der Stimmung, der Empiintlung
und des Charakters offenbart, von welchen das, was man mit Absicht
thut und treibt, begleitet ist. Diese begleitende Bewegung kann ent-
weder an sich vollkommen zwecklos sein und trotzdem einen Gemüths-
zustand offenbaren, mit dem sie erfahrungslnässig verknüpft ist, dem
sie also Ausdruck giebt. In diesem Falle ist kaum ein Grund einzu-
sehen, warum sie dies thut. Es ist so. Oder aber sie (erreicht auch
einen Zweck, der den Erfolg mitbeeinflusst, Welchen wir mit der deut-
lich willkürlichen Bewegung verfolgen, zu Welcher sie begleitend hinzu-
kommt. Dann hat dieser Nebenzweek, dem sie dient, wohl auch eine
Nebenabsicht zur Voraussetzung, mit der wir die eigentliche bewusst
willkürliche Bewegung unternehmen, und es erklärt sich so ganz natür-
4") Mimik und Physiognomik. II. Auflage. Detmold 1886 (zuerst unter dem
Titel "Wissenschaftliches System der Mimik und Physiognomik", etwa Mitte der
sechziger J ahre erschienen). Ich habe diese Betrachtungen zuersf, auch anknüpfcnd
an Schiller, in dem ersten der beiden oben S. 28 citirten Vorträvge im Jahre
1862 entwickelt.
H) Vgl. meinen Aufsatz über willkürliche und unwillkürliche Bewegungen
im März- und Aprilhefte der Deutschen Rundschau 1891.