Cordelia
VON
Shakespeare
Brechen hervor im Sturm der Leidenschaft
Und unterdess verharrt der Mund in Schweigvn.
Dies wirkt verständlich, weil auf einen Streich
Wir nicht gleich deutlich hören und auch sehen,
Und jedenfalls von Beidem nicht zugleich
Den Wahren Sinn vollkommen auch verstehen.
Und auch natürlich ist es so, sag ich.
Nur bei Betrunknen und bei Geisteskranken
Vermischen
Worte
und
Geberden
sich.
S0 wie in ihrem Kopfe die Gedanken.
Laokoon bekanntlich seufzt, doch schreit nicht.
Zu heftig ist er angespannt in1 Kampf.
Der losgebundencn Rede Strom befreit nicht
Die Brust, bevor gehoben ist der Krampf.
Wie wird nun aber meistentheils gemimt?
Wer kennt ihn nicht, den alten steifen Gang,
Der stets die Deelamation verblümt
Mit einem Gestenaccompagnement;
Der, während er in athmenden Tiraden
Bald leise Hötet, bald gewaltig brüllt,
In gleicher Weise breit und überladen
Den Raum mit Pantomimenspiel erfüllt,
Der sich aus Furcht vor leeren Intervallen
Unnöthig keinen Augenblick besinnt
Und gleich, sowie das Stichwort ist gefallen,
Der Wechselrede linden weiterspinnt.
Im Leben muss man doch erst miterleben,
Was jedes Wort zunächst für Eindruck macht.
Daraus kann sich der Anlass erst ergeben
Zu dem, was man als Antwort wieder sagt.
Denn nur in abgw-zdroschenen Controversen
Ist jede Gegenrede fertig schon
1m Kopf und spinnt sich ab von Vers zu Versen.
Wie eine Doctordisputtttion.
Wie anders man dies machen kann und muss
Und wie sich dann uns Shakespeare offenbart,
Dieses zu sehen ist der Hochgenuss