Volltext: Vorträge über Plastik, Mimik und Drama

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der 
Anatomie 
Tragi 
gebracht und dringen durch. Durch jene wird unsere Versetzung in 
die Lage des Helden vermittelt, durch diese wird uns die Unver- 
meidliehkeit derselben klar. Jene entzünden auch uns mit ihm, diese 
müssen wir trotz ihm anerkennen. Jene nähren unser Mitgefühl, 
diese hindern es, in widerstrebende Itlntrüstung gegen div Gerechtig- 
keit des Schieksals überzugehen. Jene müssen also subjektiv cr- 
greifender, diese objektiv wirksamer und in der Natur der Suche, um 
die es sich handelt, begründeter sein. 
Alles, was den tragischen Helden verhängnissvoll handeln und 
demgemäss leiden lässt, kommt im Grunde (laruuf hinaus, dass er ein 
unbedingt grosses Gefühl von der Bedeutung seiner Person hat. 
Alles, was sich auf sie bezieht, worin sie zu voller, ihrem inneren 
Triebe entsprechender Geltung kommt, ist ihm Linbenlingt berechtigt. 
Die Idee der Autonomie des Mikrokosnlus, der inneren Nothwendig'- 
kcit, sein eigenstes individuelles Leben ganz auszug-estalten ist das 
Lebenselement des Öllragischen. Ihm gegenüber steht die unerbittliche 
Consequenz der höheren Berechtigung einer ewigen Ordnung. Freiheit 
und sittliche Nothwendigkeit sind die grossen Gegensätze, deren un- 
gelöster Zwiespalt das erhabene Schauspiel des Schicksals beherrscht. 
Die Selbstbestimmung des Individuums wird von der Anderer ge- 
kreuzt, und über alle siegt das allgemeine, ewige Recht. Diese grosse 
Wahrheit in der Tragödie nicht bestätigt zu linden, würde uns den 
Genuss ihrer Eindrücke unerträglich machen.  
Die Geltendmachung des eigenen lIGPOlSClJOH Willens gegen grössere 
Mächte kann aber nach der Natur der Stoffe, die die 'l'ragödic be- 
handelt, ein zweifaches Gebiet der Aeusserung haben: entweder es 
sind rein persönliche Angelegenheiten, und dann auch rein moralische 
Motive und Gesetze, die geltend gemacht und bekämpft werden, oder 
es sind grosse historische Bewegungen, die sich der Held als Träger 
angeeignet hat, die mit ihm im Kampfe stehen und fallen. 
Jede grosse Persönlichkeit, und besonders jede so allseitig aus- 
gebildete, Wie sie ein tragischer Held haben muss, mit ihren Fähig- 
keiten zu allen Seiten menschlicher Emptintlung und Willens- 
bethätigung ist eine im Kleinen so ganze Welt, dass die Idee eine 
sehr natürliche ist, sie müsse auch die ganzen Bedingungen und Ge- 
setze für ihre Entfaltung in sich tragen. Sie thut es auch im ur-
	        
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