Volltext: Vorträge über Plastik, Mimik und Drama

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Anatomie 
der 
Tragödie 
muss sich aber noch entscheidender mit Allem abschliessend aus- 
sprechen, und dies geschieht gegenüber dem kurzsichtig wohlwollenden 
Gordon, der noch von Wiederherstellung träumt. Die Reue bricht 
hier kaum verhohlen hervor, und durch die schwachen Illusionen neuer 
Lebenshoffnung, die ihn als unklare Visionen noch umschweben, er- 
scheint, nur deutlicher abstechend, zugleich das Bedürfniss, mit dem 
Schicksal abschliessend zur Ruhe zu kommen, das dann auch gleich 
seinen Qualen 
darauf 
ein Ende 
macht. 
"Häti? ich vorher gewusst, was nun gesehchn, 
"Dass es den liebsten Freund mir würde kosten, 
"Und hätte mir das Herz wie jetzt gesprochen  
"Kann sein, ich hätte mich bedacht  kann sein 
"Auch nicht  Doch was nun schonen noch? Zu 
"Hat's angefangen, um in Nichts zu enden. 
"Hab" es denn seinen Lauf!" 
ernsthaft 
Wenn die menschlichen Träger eines grossen Schicksalszuges es 
sind, für welche, die Begebenheiten, in denen er sich äussert, durch 
welche unser Mitleid erregt wird, so gehört, um dasselbe bedeutend 
wirken zu lassen, als drittes Stück dazu die Anregung grosser, all- 
gemein interessirender ldeen, um sowohl den Personen, in denen sie 
arbeiten, als den Begebenheiten, in denen sie siegend oder erliegend 
zur Erscheinung kommen, die Würde eines grossen, auf allgemeine 
Beachtung Anspruch machenden Gegenstandes zu verleihen. 
„Denn nur der grosse Gegenstand vermag 
"Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen." 
Zwar ausdrückliche Entbindung grosser und tief durchdachter 
Ansichten hat im Drama nur ausnahmsweise eine Stelle. Auch die 
Motivirung der Entscheidungen des Willens oder die Erregung des 
Gefühls für heroische Gestalten darf unmittelbar in der Regel nicht 
aus sehr allgemeinen Erwägungen hervorgehen, ist vielmehr schlagen- 
der und lebendig ergreifender, wenn sie aus den nächsten dringendsten 
Anlässen der Situation entspringt. Im Hintcrgrundc müssen aber 
doch höhere, treibende geistige Mächte als tiefere Grundursachen des 
Strebens und Leidens, das uns mit tbrtreissen soll, erkennbar sein, 
wenn wir uns von ihm nicht als einer Wirkung blosser Launen des 
Schicksals abwenden sollen. Es kann uns zwar stark erschüttern,
	        
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