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TH-agödie
Anatomie der
und es treten deshalb noch zwei Akte dazwischen, der zweite und
vierte, welche den Uebergang vom ersten kühnen Anlauf des Helden
zum Stillstand seiner Hoffnung und von diesem zur endlichen Ver-
nichtung bilden.
In diesen Akten tritt die Aufregung, in die wir mit ihm selbst
versetzt werden, etwas mehr zurück; er tritt entweder gar nicht auf,
oder doch nur so, wie es nöthig ist, um die Handlung mit Notwendig-
keit von der früheren zur folgenden Stufe Weiter zu führen. Was er
thut, ist nicht Folge einer neuen leidenschaftlichen Erregung, sondern
die einfache Fortsetzung des bereits Begonnenen; im zweiten Akte
die Durchführung des im ersten gefassten Entschlusses, wie die Er-
mordungDuncams durch Macbeth, im vierten der Uebergang zu Schritten,
welche nach der ersten Entscheidung im dritten unvermeidlich sind.
Was er empfindet, ist nicht mehr die erste grosse Aufregung kühner
Thatenlust am Anfange und noch nicht die reine Ergebung in das
Unvermeidliche am Ende. Die Gesammtstimmung des Helden in
diesen Akten gleicht also mehr als das grosse Pathos der drei andern
dem verworrenen Gemisch von Thun und Leiden im gewöhnlichen
Leben.
Ausserdem
treten
I1 H11
aber
hier
die
feindlichen
Mächte
mehr
den Vordergrund, deren Wirken nöthig ist, um aus dem, was der
Held gethan hat, das was er leiden muss, herbeizuführen. Wenn wir
in den drei anderen Akten ganz in die Stimmung des Helden ver-
setzt waren, um das was er thut und leidet, mit ihm zu theilen, werden
wir hier in eine etwas ruhigere Entfernung gerückt, um die Noth-
Wendigkeit einzusehen, dass es nicht anders sein kann. Indessen
wird doch die tragische Stimmung im Ganzen forterhalten dadurch,
dass die Nebenpersonen die grossen Erschütterungen des Haupthelden
v0r- und nachempfinden, oder auch selbst von Schrecken betroffen
werden, die mit jenen zusammenhängen. Selbst für Personen der
Gegenpartei kann bei einem sehr reichen tragischen Stoff in diesen
Zwischenpartien vorübergehend eine volle tragische Theilnahme ge-
fordert werden, so neben Macbeth im zweiten Akte für die Söhne des
gemordeten Königs, im vierten für Macduff, der die Nachricht der
Ermordung der Seinigen durch Macbeth mit stummem Schmßrz
empfängt und sie nachher an ihm rächen soll.
Auch für die Nachweisung eines so klar geordneten Verlaufs der