mit Almwendung auf Schillers Wallenstein.
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dadurch der Hauptperson i1n Ganzen ebenso nahe wie jene, unserem
Gefühle aber keineswegs. Wir bewundern in ihnen die Kraft des
Willens; aber wir können nicht mit ihnen empfinden. Sie stellen
uns die Seite des Haupthelden dar, durch deren Ueberhandnehmen
er zu Grunde geht, ohne die, welche uns dies als Folge einer
traurigen Verwicklung bedauern lässt. Brutus leidet bei dem Plane
zur Ermordung Cäsar's an einer tiefschmerzlicheil Unsicherheit. In
CELSSiHS ist der Gedanke ohne alle Bedenken wirksam. Ebenso bietet
auch hierfür Clavigo ein vortreifliches Beispiel in der eckigen Figur des
Carlos. Mit einer Entschiedenheit und Sicherheit, die einer besseren
Sache würdig wären, will er das Glück seines Freundes durch kaltes
Abstreifen der Neigung zu Maria von einer, Wie ihm scheint, hemmen-X
den Fessel befreien. Der Gedanke der Treue ist ihm fremd und kann
ihm nicht imponiren, weil er bei Clavigo, wieder erwacht, doch nicht
eine der seinigen ebenbürtige Festigkeit erlangt. Er kennt und re-
spectirt nur ein fest entschlossenes „Ent- oder -weder", und daran
fehlt es eben bei Clavigo, und darum hat Carlos in seiner Art Recht
und giebt den Ausschlag. Das böse Princip, das in dem Haupthelden
mit dem besseren herzergreifend ringt, tritt uns in ihm selbständig
gegenüber, und mit Schaudern sehen wir es den Sieg erringen.
Mephistopheles ist die bewusst abstrakte Carrikatur davon.
Noch fremder und kälter sind uns die Personen gegenüber ge-
stellt, die mit dem Haupthelden nichts gemein haben, ihm feindlich
entgegenarbeiten. Sie sind uns nur von der Seite dargestellt, von
der sie ihm erscheinen, als gefühllose Gegner, und können auch, Weil
wir uns gar nicht in ihre Lage versetzen sollen, von einer einseitigen
Eigenthümlichkeit gekennzeichnet sein; ihr Handeln soll uns zwar
klar, aber nicht so natürlich erscheinen, dass wir den Drang dazu
theilen könnten. Darum braucht es nun keineswegs immer an sich
ganz unberechtigt zu sein, wie das uns menschlich näher Gerückte
der Hauptperson es ist, und sich besonders in den Helfern zu er-
kennen giebt, welche sie verhangnissvoll weitertreiben. Dies macht
gerade die Theilnahme an den Unglücklichen, die wir in beg1'eif licher
Aufregung verhängnissvoll fortgerissen sehen, zu einem so reinen
Gefühl, dass wir ihren Gegnern Recht geben müssen, und doch mit
dem Herzen nicht lebhaft auf ihre Seite treten, jene gleichgültig fallen
sehen können. In der Durchführung dieses Gegensatzes ist Euripides