Anatomie
der Tragödie mit Anwendung
Schillers Wallenstein.
auf
Vortrag
gehalten in Marburg
Schiller
Von innen
sagt: "Es ist der Geist, der sich
heraus schaHend bildet der Trieb
den
des
Körper baut."
Lebens seine
Organe und wird in ihnen nach aussen Wirksam. Von aussen herein
aber müssen wir sie zergliedern, um in ihrem Bau die Wirkung von
dem zu erkennen, was wir nicht unmittelbar anzuschauen vermögen.
"YVer Will was Lebendiges erkennen und beschreiben,
„Sucht erst den Geist herauszutreiben.
„Dann hat er die Theile in seiner Hand,
"Fehlt leider nur das geistige Band."
In dieser bescheidenen Lage, nichts als die todten Theile in der
Hand zu haben, deren lebendiger Zusammenhang gelöst ist, ehe man
sie berühren darf, befindet sich der Anatom, der den Körper nicht
eher in seine Theile zerlegen darf, als wenn das Spiel der Kräfte in
ihm erloschen ist. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb gewinnt
er der Erkenntniss derselben die sicherste empirische Basis, wenn er
sich nur stets bewusst bleibt, dass die Einheit der Organisation, deren
t) Anonym erschienen im Morgenblatt für gebildete Leser, Stuttgart, Cotta,
1864. In demselben Jahrgange steht auch von mir ein Bericht über die Auf-
führung der Königsdramcn Shakespeares bei dessen Jubiläum durch Dingelstedt
in Weimar (vgl. meinen Vortrag über die Königsdramen, der soeben in der
deutschen Rundschau erscheint). Aus derselben Zeit stammt das kleine Buch
von G. Freytag, Technik des Dramas, 1863, mit dessen Inhalt in den Abschnitten
über Tragödie sich dieser Vortrag mannichfach berührt. Beide sind also un-
abhängig von einander entstanden.