Volltext: Vorträge über Plastik, Mimik und Drama

der Mimik. 
der Kunst 
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trat mir recht lebendig entgegen, als ich um die Zeit meines Abganges 
von Prag nach München kam und die Fresken der Glyptothek mich 
beständig an Frau Lewinsky-Precheisen erinnerten, nicht weil die 
griechischen Weiber bei Cornelius meist auch so urgerinanisch hohe 
Gestalten und blonde Haare haben wie sie, denn das haben noch 
mehr Leute, sondern wegen der oft so frappanten Aehnlichkeit dieser 
ausgiebigen, zielbewussten Art von Bewegung. Diese Hände, die sich 
bald mit eingeknicktem Ellbogen so fest an das Gesicht heranziehen, 
dass sie mit ihm in einem engen Raume zusammenrücken, bald wieder 
bis zur vollen Ausreckung in der Mitte des Arms ins Weite aus- 
spannen, sie drücken im Bilde und noch viel lebendiger in der Energie 
eines plötzlichen Impulses, bald das Insichzusammenzucken, bald das 
ins Unendliche Schweifen der Empfindung mit packender Entschieden- 
heit aus, und dazu gehört die Sichtbarkeit eines Grades der Ein- 
biegung oder Ausreckung bis zur Grenze des Möglichen, die dann 
freilich leicht eine nicht sehr zierliche Linie des Umrisses der Figuren, 
oder harmonische Vertheilung der Glieder im Raume zur Folge hat, 
aber eben damit den vollen und rücksichtslosen Ausbruch der 
Empfindung zur Anschauung bringt. Bis ins Einzelne gehen die 
Aehnlichkeiten solcher Geberden im Bilde und im Spiele, und wenn 
sich dies auf Gebieten zeigt, die so wenig Fühlung mit einander haben, 
kann man gewiss nicht wie bei Aehnlichkeiten in den Werken ver- 
schiedener Maler an bewusste Nachahmung denken. Auf dem grossen 
Bilde der iNiederbringung des Fleisches in der Reihe der Cartons 
zum Campo santo von Cornelius sehen wir im Vordergrunde einen 
Jüngling, in dessen Haltung sich ein gewisses Gefühl unendlicher 
Schwere, die das neu erwachte Bewusstsein belastet, höchst wirksam 
ausdrückt. Am Boden sitzend, stemmt er mit dem einen ganz steif 
gestreckten Arm den Oberkörper vom Boden empor, die andere Hand 
aber ist mit dem Rücken an Stirn und Schlafe gedrückt. Diese Be- 
wegung hatte ein Kritiker an unserer Heldin so oft bemerkt, dass er 
gleich fürchtete, sie möchte ihr zur stehenden Manier werden. Mir 
wäre sie am rechten Orte, und das ist für diesen Gefühlsausdruck in 
der Tragödie oft, nie zuviel geworden, so wenig wie ich sie mir in 
so einem Bilde jemals müde sehen würde. 
Solche Analogien liessen sich leicht noch mehr anführen. Was 
aber kein Bild wiedergeben kann, das ist die Plötzlichkeit, mit der 
lleuke, Vorträge. 12
	        
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