der
der Mimik.
Kunst
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worfen und gethürmt, bis auf die wenigen, die eben im Moment der
Darstellung einzeln und ausdrücklich activ auftreten, sondern sie sind
ebenso oft vielmehr durch einen Ueberschuss von Anstrengung steif
eingestellt. Darin äussert sich ein gewisses Kraftgefühl, das nicht
weiss, wo mit sich hin, welches freilich zu der zwanglosen Grazie der
Antike ebensowenig stimmt, wie die Nachlässigkeit des Michelangelo.
S0 ganz gerade mit der Hand aufgestützte Arme, wie wir sie bei
Cornelius sehen, hat Weder die Antike noch Michelangelo, noch
weniger so gerade vorgespreizte Beine wie Holbein und dagegen wieder
so eckig gegen den Kopf oder die Brust herangezogene Hände, so um
die Ecke zum Stoss oder Schlag ausholende Fäuste. Und wenn sich
ungeachtet solcher Vorbilder die Malerei auch bei uns noch mehr
nur in der ausgetretenen Bahn der nur graziös componirten Action
des menschlichen Körpers bewegt, so tritt doch auch hie und da
bereits dieser mehr eigenartige Stil hervor. Ich führe als Beispiel nur
eine der viel verbreiteten Illustrationen zu Scheffels Eckehard von
R. Seitz an, welche den reekenhaften Mönch darstellt, wie er mit steif
ausgestreckten Armen und Beinen in der nfloelithaleinsamkeit" der
Alpen an einem Abhang ausgestreckt das Waltari-Lied dichtet. Dies
ungefüge Sichreeken ist ebenso speeifisch deutsch wie Scheffels Poesie,
und so ist es auch der Stil, in Welchen: Holbein und Cornelius ihre
Menschen auftreten lassen. Dieser in der Jugend steife und unbe-
holfene Gang und Blick, diese in der Reife der Kraft stark aus-
greifende Geberde ist im Gegensatz zu der leichten, gefälligen Art des
Sichgebens bei anderen Völkern uns Menschen rein germanischer Rasse
eigen, wie sie in den Bergen am Nordrande der Alpen und in den
Ebenen an der Nordsee heruingehen.
Wie stehen nun Michelangelo und diese deutschen Meister zu den
Stilgesetzen der Plastik aus Lessings Laokoon? Denn wie die Antike
dazu steht, das versteht sich wohl von selbst, da sie von ihr abstrahirt
sind. Ihre Werke erfüllen vollkommen die begrenzte Aufgabe, in der
die Plastik ihre volle, eigenartige Wirkung entwickelt, die körperliche
Schönheit des lebendigen Menschen" mit allen ihren Theilen, aber nur
in der Handlung oder Stimmung eines einzigen Momentes darzustellen.
Schon die kleine Erweiterung derselben, die Lessing 1nit der Lehre
von der Wahl des "fruchtbaren Moments" fast widerstrebend noch zu-
lässt, wäre für sie kaum nöthig. Ihre Anwendung auf Laokoon ist