Zwei
Arten
VOII
Stil
der
Kunst
der
Mimik.
in Prag und
gehalten
Vortrag
Stuttgart
1876-
Schiller sagt: „dem Mimen {licht die Nachwelt keine Kränze".
Die Werke der Maler werden in Galerien Jahrhunderte hindurch er-
halten und bewundert, die der Dichter in zahllosen Exemplaren ver-
breitet und immer von Neuem gelesen, gesungen und gesagt, und er-
füllen von Geschlecht zu Geschlecht immer neue, dankbar empfäng-
liche Gemüther mit Lust und Staunen. „Wenn der Leib in Staub
zerfallen, lebt der grosse Name noch." Nicht so beim Schauspieler.
Ist sein Gebein zur Ruhe versammelt, so ist auch des Geistes Hauch
nicht mehr zu spüren, womit er im Leben, auch wieder nach Schiller's
Ausdruck, „den Augenblick, der sein ist, ganz erfüllt." Einzelne
Namen von Heroen dieser Kunst, die ihre Zeit durch ihre Leistungen
begeisterten, klingen wohl zu uns herüber, aber als leerer Schall;
denn Niemand giebt uns ein Bild mehr von dem, was an ihnen be-
wundert
wurde.
Darum hat auch diese Kunst keine zusammenhängende Geschichte,
keine feste Tradition. Einer lernt wohl vom Andern, und gewisse
Aeusserlichkeiten und Zuthaten, gewisse Manieren und Regeln des
Spiels pflanzen sich fort. Aber alle Augenblicke werden sie von be-
gabten Autodidakten oder "Naturburschen" mit Erfolg durchbrochen,
und grosse Epochen oder Richtungen des Geschmacks oder Stils wie
in anderen Künsten kennen wir in der Mimik kaum. Und so giebt
Gedruckt
der Deutschen Rundschau,
September
1877.