Haltung des Menschen
aufrechte
Die
selbst nur mit einem Fortschreiten durch den Raum die Ausdehnung
der Dinge im Raume ermessen. Auch unser natürliches ästhetisches
Wohlgefallen an Formen beruht im Grunde immer auf einem Herein-
ziehen der Idee der Bewegung in die Erfassung der Gestalten. Wir
nennen die schlanke Gestalt einer Säule, die Biegung eines gothischen
Bogens ihrem Eindrucke nach emporstrebend. „Alle Schönheit,"
sagt Schiller, "ist zuletzt blos eine Eigenschaft der wahren oder an-
scheinenden Bewegung." Ihr Reiz wird erhöht und belebt, wo wahre
und anscheinende sich mit einander verbinden. In dem Anblicke
eines wogenden Busens wirkt der Eindruck der Wirklichen Bewegung
des Athmens mit dem einer Gestalt der bewegten Oberfläche zu-
sammen, die an sich schon durch ihre Hebungen und Senkungen, wie
wir deshalb es bildlich nennen, an eine solche auf- und abwogende
Bewegung erinnert, so dass beides für das Auge in einander über-
geht, und die Form aus der Bewegung, wie die Göttin der Schönheit
aus der Brandung des Meeres, beständig neu geboren zu werden
scheint.
Aehnlich nun wie in dieser Art von Spiel
bindet sich mit dem wissenschaftlichen Interesse
der Phantasie, ver-
für die Formen der
Organe des Körpers das Verständniss ihrer Function, insofern die-
selbe einfach in der mechanischen Bedingtheit sichtbarer Bewegungen
besteht. Die natürlichen Bewegungen der Theile unseres Körpers
gegen einander verändern jeden Augenblick die Gestalt und Lage
derselben und eine vollständige Beschreibung der letzteren muss also
notwendig auch den Verlauf der ersteren mit in Betracht ziehen, wenn
sie nicht nur auf irgend eine willkürlich gewählte Stellung des Körpers
dassen soll. Andrerseits ist die Art und Weise, wie die Theile des-
selben sich gegen einander bewegen können, durch die Form gewisser
Stücke, wie namentlich der Enden von Knochen, womit dieselben in
den Gelenken aneinander gefügt sind, bedingt. Bei dem Studiumr-
solcher Theile fällt also von selbst die gesonderte Betrachtung der
Form und Function, die Trennung der Anatomie und Physiologie
weg, die wir ausserdem meist als ein nothwendiges Uebel gelten
lassen müssen, weil wir den inneren Zusammenhang beider nicht
kennen.
Ferner aber auch,
Theile unseres Körpers
abgesehen von den Bewegungen, welche die
jeden Augenblick in eine veränderte Gestalt