der
sixtinischen Kapelle zu Rom.
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hoch da oben über der Wand der Kapelle, wie an einer noch auf-
rechten Fortsetzung derselben, nur auf schmalen vorspringenden
Rändern sitzen und sich vorsehen müssen, dass sie nicht herabfallen.
Dieser Eindruck Wird dadurch noch verstätrkt, dass die Fläche der
Gewölbezwickel, auf die sie gemalt sind, factisch schon vorüberhangt
und die Quergurten der Wölbung, die noch hinter ihnen Weiter an-
steigen, nun entschieden von der einen zur andern Wand der Kapelle
hinübergespannt erscheinen. Daraus folgt mit höchst anschaulicher
NothWentlig-keit, dass sich die Sklaven von ihren Sitzen weder erheben
noch sich irgend zuviel über dieselben vorstrecken dürfen, wenn sie
sich oben halten wollen, und so machen sie denn mit all ihren
Gliedern die mühsamsten Anstrengungen, sich bei ihrer Arbeit mög-
lichst ruhig und dicht auf ihren Sitzen und an die Wand heran zu
halten. Dazu kommt nun 2) die nichts weniger als einfache Arbeit
der Decoration, Welche sie da oben anzubringen haben. Es ist
interessant an einzelnen Beispielen näher zu betrachten, was Alles
dazu gehört.
Da haben wir zuerst mitten über jedem Sitzplätze der Sibyllen
und Propheten die grosse runde medaillonartige Bronceplatte ange-
bracht, an welche sich die weitere noch unfertige festliche Decoration
ansehliessen soll. Dieselbe besteht erstens in langen schmalen Dra-
perien von Stoff, und diese werden zuerst in einem Ringe ange-
schlungen, der an dem Postamente, worauf die Sklaven sitzen, in die
Wand eingelassen ist; dann werden sie durch ein Loch unten am
Seitenrande der Bronceplatte hinein und durch ein oberes wieder
hinaus gesteckt; von da aber wieder weiter auf- und seitwärts ange-
zogen, wie um da irgendwo mit ihrem Ende wieder angeschlungen zu
werden (bei der erythräischen Sibylle Seite 140). Noch etwas
schwieriger und complicirter wird diese Verschlingung, wenn, wie
einmal, der eingelassene Ring nicht da ist und auch das untere Ende
der Schlinge an dem Postamente, auf dem die Decorateure selbst
sitzen, angebunden und also hinter demselben durchgezogen werden
muss (beim Propheten Ezechiel Seite 141). Man könnte nun meinen,
mittelst dieser Draperien sollten die Broncemedaillons aufgehängt
werden. Bei näherer Besichtigung scheint es aber, dass die Platten
alle als bereits wohl befestigt angenommen werden und die Draperien
umgekehrt nur an ihnen angehängt werden sollen. Denn man sieht,