Die
Rande der
zu Rom.
Gemälde von Michelangelo am
in der sixtinischen Kapelle
Decke
Vortrag,
gehalten in Tübingen
Die grossen Werke der Malerei und Sculptur stellen das Leben
des Menschen in der Art dar, dass sie bezwecken, die Ideen zu ver-
körpern, welche das menschliche Leben bewegen, und sich dazu der
Abbildung des menschlichen Körpers bedienen in Lagen und Actionen,
welche ihm Gelegenheit geben, diese Ideen leitend oder handelnd
zum Ausdrucke zu bringen. Es sind zwei Arten der Betrachtung
solcher Werke möglich, welche uns dazu hinführen, ihren Sinn zu
verstehen und ihre Wirkung auf uns dadurch zu verstärken. Die
eine geht von den Ideen aus, deren Verkörperung oder Versinnbild-
lichung der Grund und die Absicht waren, Wozu die Werke herge-
stellt wurden, und untersucht dann, ob und wie es gelungen ist, diese
Absicht in den Werken zu erfüllen. Man macht sich zu dem Ende
zuerst klar, von welchen leitenden Ideen die Zeit und die Kreise,
aus denen die Werke stammen, erfüllt waren. Man fragt sich dann,
inwiefern die darstellenden Künstler von diesen Ideen so erfüllt oder
beeinflusst waren, dass es ihnen gelingen konnte, sie in anschaulicher
Gestalt darzustellen, und am Ende auch, was sie zu diesem Zwecke für
Mittel der Darstellung des lebendigen menschlichen Körpers beherrschen
und zur Anwendung bringen mussten. Die andere Betrachtung geht
umgekehrt von dieser anschaulichen Darstellung des lebenden mensch-
1') Vgl. meine grössere Abhandlung über denselben
buch der königl. preussischen Kunstsammlungen 1886.
Gegenstand
im
Jahr-