mit
im Vergleich
der Antike.
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"Michelangelo schwelgt in dem prometheischen Glück, alle Möglich-
keiten der Bewegung, Stellung, Verkörperung, Gruppirung der
reinen menschlichen Gestalt in die Wirklichkeit rufen zu können." Ein
andermal heisst es von seinen Werken: "überall präsentirt sich das Motiv
als solches, nicht als passendster Ausdruck eines gegebenen Inhaltes."
Mag das etwas übertrieben sein, wenn doch schliesslich in den grossen
Ilauptwerken aus der Gestaltung ein grosser Gedankeninhalt hervor-
leuchtet, so ist jedenfalls das richtig, dass man die ursprüngliche
eigene Kraft der Erscheinung und sinnlichen Haltung der dargestellten
11101111 neben dem, was sie vorstellt, noch selbständig durchfühlt. So
z. B. vor Allem in den grossen nackten Gestalten der Mediceergräber
(Tageszeiten), die doch innner das vollendetste plastische Werk des
Meisters darstellen. Man kann wohl die Stellung jeder derselben zer-
gliedern und herausfinden, was sie bedeutet, Wie ich es oben mit
der Nacht und Aurora versucht habe. Betrachtet man sie aber alle
vier
zusannnen,
so wird
111311
geneigt,
sich
vorzustellen,
dass
die
erste
Idee, der erste treibende Gedanke zu ihrer Erfindung der Versuch war,
auf wie verschiedene Art man den menschlichen Körper innerhalb
einer i1n Ganzen ähnlichen Lagerung i1n Raume doch in sich noch
hin und her drehen und Wenden könne. Hernach fand sich am Ende
eine richtige lilotivirung.
wird dies, wenn ähnliche
doch zu jeder von ihnen
Noch einleuchtender
Posen
kleinen
und grossen Werken des Meisters,
darstellen oder auch in denen seiner
die etwas
Nachahmer
ganz Verschiedenes
wiederkehren. Der-
gleichen kommt auch sonst in der Kunstgeschichte vor, auch in
der Antike, aber nirgends so auffallend und überraschend, wie bei
lllichelangelo. Der Statue der Nacht sehr ähnlich ist bekanntlich das
öfter wiederholte gewaltige Bild der Leda mit dem Schwan. Dieselbe
Körperstellung ist hier zum Ausdruck einer sinnlichen Erregung ge-
macht, die freilich zuletzt auch etwas von traumhafter Versunkenheit
hat. Da kann man dann am Ende sagen, bei so einer ganz andern
Verwerthung desselben Bewegungsinotives erscheint das eine Werk
als ein Nebenproduct oder Abfall von dein andern. Oder aber auch
beide als unabhängige nachträgliche Deutungen, die der Künstler
dem ersten Wurfe seiner Erfindung gegeben hat, welcher ur-
sprünglich ein ganz äusserliches Stellungsbild war. Jedenfalls liegt
es näher, sich zu denken, aus der gleichen Erscheinung sei nach