Verona.
hatten. Da man in der mittelalterlichen Kunst Veronas stets gern nach
deutschen EinHüssen sucht, so läge es wohl am nächsten, sie in den
gothischen Bauten zu vermuthen, aber auch hier ist nicht das Geringste
davon zu verspüren. Ein irgend wesentlicher Einfluss deutscher Kunst
auf die italienische Frühgothik scheint überhaupt nicht stattgefunden zu
haben, die Anregungen zu derselben sind wohl direkt auf Frankreich
zurückzuführen. Von vorne herein aber wahrt die italienische Gothik streng
ihre eigene, von der des Nordens so sehr verschiedene Art. So zeigt auch
S. Anastasia rein italienischen Charakter, ebenso wie sein Vorbild, als das
Lübke die I2 50 begonnene Franziskanerkirche S. Maria dei frari in Venedig
nachgewiesen. Trotz seiner bedeutenden Länge hat das Schiff nur je sechs
schlichte Rundpfeiler, die doppelt so weit gestellt sind, als es die Regel bei
den Bauten jenseits der Alpen. Im Gegensatze zu diesen erhebt sich auch
das Mittelschiff nur wenig über die Seitenschiffe, so dass in seiner Hochwand
nur rosettenartige Fenster angebracht werden können. Wie der Grundriss
der Kirche, die Anordnung der Stützen, die Behandlung der Hochwand
und die gesammten räumlichen Verhältnisse bei S. Anastasia ächt italienisch
sind, so ist es auch das Detail, nur an einigen der westlichen Pfeiler hat
Essenwein 1) auf die Verwandtschaft mit deutschem Ornament hingewiesen;
es mag uns dies daran erinnern, dass nach dem zurücktreten der franzö-
sischen und der hohen Blüthe der deutschen Gothik im I4. Jahrhundert
diese auch nach auswärts Einfluss zu üben begann, irgend bestimmend aber
scheint sie speciell auf die Veroneser Architektur nie eingewirkt zu haben.
Im Jahre 1319 wurde der Bau von S. Fermo in seiner gegenwärtigen
Gestalt vollendet; die Krypta undeinige Theile der Ostseite der Kirche
rühren noch von einem romanischen Bau des II. Jahrhunderts her.
S. Fermo ist eine höchst originelle Kirche und wieder ächt italienischen
Charakters. Um einen möglichst grossen Raum zu gewinnen, wurde die
15,7 Meter breite Kirche einschiffig angelegt und erhielt eine hölzerne
Schiffskieldecke, mit der wohl gleichzeitig die von S. Zeno ausgeführt
wurde. Die grossen Wandflächen bieten, da das Hauptlicht durch das
grosse Fenster der Westseite einfällt, Raum für ausgedehnte Malereien
und zur Aufstellung von Skulpturen. Von guter, einheitlicher Wirkung,
fein und originell in der Durchführung ist die Westfagade, deren unterer
Theil, in dessen Mitte das Portal, zu dem eine stattliche Treppe empor-
führt, aus Quadern ausgeführt ist; der obere dagegen, in dem über dem
Portal das grosse Westfenster, regelmässig wechselnde Schichten von
Quadern und Backsteinen zeigt. Die Flächen neben dem Portal sind
zweistöckig behandelt, unten, durch einen zierlichen Spitzbogenfries mit
Pilastern belebt, der gleich manchem andern Detail am Aeusseren dieser
der österreichischen Centralcommission
Mittheilungen
1860.