Verona.
wieder nachweisen lassen. Dass die antike Volute häuüg an den Kapi-
tälen wiederkehrt, dass an den mit Blattwerk geschmückten Kapitälen
das römische das allgemeine Vorbild bot, ist hier natürlich, wo der
Künstler die römische Kunst stets vor Augen hatte, wo römische Kapitäle
geradezu neben ihm lagen, wie in S. Zeno ein solches als Weihwasser-
becken verwendet ist, während in S. Benedetto, der kleinen Kirche neben
dem Kreuzgange von S. Zeno, eine römische Säule eingesetzt ist, und in
der Krypta von S. Zeno vier ornamentale römische Reliefs in die Pfeiler
eingelassen sind.
S, Benedetto, ein kleiner Raum, der aus drei gleich hohen, mit
Kreuzgewölben gedeckten Schiffen besteht und wohl dem I2 Jahrhundert
angehört, bietet überhaupt interessante Belege dafür, wie man in Verona
bei späteren Bauten ältere Bautheile verwendete, denn auch die drei
anderen der vier Stützen, welche die Schiffe trennen, sind offenbar älteren
Bauten entlehnt, und besonderes Interesse beansprucht ein schmaler Pfeiler
aus weissem Marmor, zu dem sich das Seitenstück in S. Giovanni in fonte
befindet, das ebenfalls aus einem älteren Bau hier eingesetzt wurde. Das
Kapitäl dieses Pfeilers, dessen Fuss fein profilirt, dessen Schmalseite drei
tiefe Cannelüren zeigt, in deren unteren Theil Rohre gelegt sind, zeigt sehr
fein gearbeitete, spitze Blattmotive, die bestimmt auf den Zusammenhang
mit byzantinischer Kunst deuten, den auch, wenngleich sehr frei verarbeitet,
deutlich die Säulenkapitäle im Querschiff von S. Lorenzo erkennen lassen.
Von einem älteren Bau sind offenbar auch die zwei Säulen im Osttheil
der Krypta von S. Zeno herübergenommen, deren Basis in dem Boden
steckt, und ebenso wohl die sechs, wie jene aus weissem Marmor gefertigten
Säulen in der nördlichen Vorhalle des Domes, deren Kapitale sämmtlich
einen ziemlich wesentlichen Einfluss byzantinischer Kunst erkennen lassen.
Die antiken und byzantinischen Nachklänge in der Ornamentik deuten
auf die Anregungen älterer Kunst; das reiche phantastische Ornament
dagegen, das bei der Ausschmückung der Veroneser Bauten eine so grosse
Rolle spielt, ist eigenster Besitz der oberitalienischen Kunst romanischen
Stiles. Mag man darin Nachwirkungen germanischen Geistes erkennen,
sicher sind es keine longobardischen Arbeiten ältester Zeit, denn eine
eingehende Vergleichung der Fagade, Krypta und der Säulen von S. Zeno,
der West- und Ostseite des Domes setzt es ausser Zweifel, dass diese
Ornamentik hier dem I2. Jahrhundert angehört und Zeugniss einer höheren
Entwicklungsstufe der Architektur ist, die schon über reichen, selbst-
ständigen ornamentalen Schmuck gebietet, der durch seine Fülle ein Zeug-
niss jugendlich frischer Phantasie, der nicht selten noch das richtige Maass,
die Läuterung der Formen fehlt.
Die Veroneser sind jedoch, wie schon die F agade von S. Zeno zeigte,
in einer mehr gesetzmässigen Verwerthung dieser Dekoration fort-