Verona.
der Rosette mag die toskanische Fagade, wie sie hauptsächlich von Pisa
ausging, von Einfluss gewesen sein, ebenso wie diese durch ihre Säulen-
dekoration auch zu dem reichen Lisenenschmuck bei S. Zeno angeregt
haben mag. Aber die Fagade von S. Zeno verwerthet diese Einflüsse
ganz frei; sie ist organischer als jene; das Mittelschiff wird, wie auch beim
Dom, durch die kräftigen Wandpfeiler bestimmt von den Seitenschiffen
getrennt, die Horizontale gut untergeordnet, und indem der Rundbogen-
fries, der Linie des Daches folgend, schräg aufsteigt und damit die Pilaster,
die ihn tragen, gegen den Giebel an Länge zunehmen, gewinnt die An-
lage des Innern klaren Ausspruch an der Fagade, die so aus dessen
Wesen hervorwächst, nicht, wie so häufig bei italienischen Facaden roma-
nischen Stiles, ihm nur als Dekorationsstück vorgestellt ist.
Am meisten fesselt an der Fagade von S. Zeno das schöne Portal
mit seinem reichen plastischen Schmuck, laut Inschrift von Meister Niko-
laus und Wilhelm ausgeführt, bei denen uns der schöne Marmor auf den
Vortheil eines trefflichen Materiales hinweist, der die Veroneser Plastik so
sehr begünstigte. Wenn wir bei der Fagadevon S, Zeno das Organische
bewundern, so gilt dies vor Allem auch von der Verwerthung der Plastik
an derselben; gerade an und neben dem Portale tritt sie besonders reich
auf, aber nicht wie bei den Fagaden von S. Michele in Pavia, bei der
Kathedrale in Modena und Anderen willkürlich über die Fagade aus-
gestreut, sondern in einen festen architektonischen Rahmen gefügt. Wenn
man die Bedeutung der romanischen Plastik Oberitaliens gegenüber der
deutschen gewöhnlich nicht sehr hoch anschlägt, so mag schon dieser Zug
gegenüber diesem Urtheil bedenklich machen, und vergleicht man die
gleichzeitigen deutschen Portale, so wird man zugeben müssen, dass die
in der ersten Hälfte des I2. Jahrhunderts gefertigten Skulpturen von
S. Zeno (angeblich 1139 vollendet) an Reichthum und auch an Lebendig-
keit der Erzählung den gleichzeitigen deutschen Arbeiten entschieden
überlegen, dass sie einen beachtenswerthen Sinn für einfache, grosse Formen
bekunden, und wenn auch unbeholfen genug, so doch von den deutschen
Arbeiten jener Zeit keineswegs überholt werden. Das erklärt auch den
bedeutenden Einfluss, den die romanische Plastik Oberitaliens auf die süd-
deutsche gewann.
Schon Anlage und Durchbildung der Kirchen und speciell der Fagaden
Veronas zeigten eine reiche Phantasie, noch mehr konnte sich dieselbe in
Plastik und Ornament bethätigen. Die Plastik ist hier, wie ja auch in
der deutschen Kunst des Izjahrhunderts, noch wesentlich dekorativ, was
grossentheils die Vernachlässigung der Form erklärt, und sie kann daher
auch von dem reichen phantastischen Ornament nicht getrennt werden,
Bezeichnend für die Ueberlegenheit von S. Zeno gegenüber etwa S. Michele
in Pavia und auch den in Rede stehenden deutschen Bauten erscheint es,