Verona.
C
Die romanischen Kirchen Verona's lassen sich in zwei grosse Gruppen
scheiden, die ältere, schlichtere, die wesentlich dem II. Jahrhundert an-
gehört, theilweise wohl schon in dessen erste Hälfte zurückgreift, mit den
Kirchen: S. Maria antica, S. Giovanni in fonte, S. Giovanni in valle und
S. Stefano; am Ende dieser Gruppe steht und bildet den Uebergang zur
zweiten S. Lorenzo, das seine jetzige Gestalt trotz der sehr alten West-
partie doch wohl kaum vor Ende des II. Jahrhunderts erhalten; schon
die gleiche Behandlung der Kapitale mit S. Zeno und der Westseite des
Domes lassen die Annahme eines besonders hohen Alters für diese Kirche
unstatthaft erscheinen.
Glänzender noch gestaltet sich die zweite Periode, die hauptsächlich
wohl der ersten Hälfte und Mitte des I2.]ahrhunderts angehört, mit den
grossartigen, reich durchgeführten Bauten des Domes und von S. Zeno,
an denen wohl bis gegen den Schluss des Jahrhunderts fortgebaut wurde;
unter den Denkmalen dieser Zeit mag auch, da sonst nirgends erwähnt,
die Kirche S. Trinita genannt werden, von der sich der Thurm und die
drei Apsiden, die mittlere ein sehr eleganter Quaderbau mit hübschen
Lisenen und beachtenswerthem Mittelfenster, sowie die interessante west-
liche Vorhalle aus romanischer Zeit erhalten haben. Wesentlich durch
die hohe künstlerische Bedeutung des Domes und von S. Zeno gewinnt
dann Verona so grossen Einfluss auf die Baukunst des südlichen Deutsch-
lands, der es ja immerhin bedeutsam vorausgeeilt war, da die betreffenden
deutschen Bauten erst in den Schluss des I2. und in den Beginn des
I 3. Jahrhunderts gehören.
Die Anlage der romanischen Kirchen Verona's knüpft an die der
altchristlichen Basilika, wie sie sich hauptsächlich in Rom und Ravenna
entwickelt hatte, und bevorzugt dabei die besonders den Ravennaten
geläufige Anlage ohne Querschiff, die in Oberitalien überhaupt sehr häufig
auftritt und offenbar von hier nach Bayern und Oesterreich übertragen
wurde, wo sie fast ausschliesslich herrscht. Das Querschiff ist aber in
Verona deshalb keineswegs ausgeschlossen, wie schon S. Stefano und
S. Lorenzo zeigen, wie den Veroneser Kirchen überhaupt durchweg eine
grosse Mannigfaltigkeit eigen ist. Auch die Stützen, welche die Hochwand
des Mittelschiffes der Basilica tragen, zugleich das Mittelschiff von den
Seitenschiffen trennen, lassen diese Mannigfaltigkeit erkennen. In, S. Ste-
fano sind es Pfeiler, in S. Maria antica, Säulen, in S. Giovanni in fonte,
S. Giovanni in valle, S. Lorenzo und S. Zeno aber wechseln Pfeiler und
Säulen; dieser Stützwechsel weist zurück auf die altchristliche Kunst, wo
er sich in Rom, z. B. in S. Clemente (4. Jahrhundert) und Maria in Cos-
menten nicht übereinstimmen kann; es ist hier eben, wie ja auch in Deutschland, häufig
von jenen ältesten, urkundlich erwähnten Bauten nichts mehr oder nur einzelnes Detail
erhalten, wie Kapitäle, Säulen u. s. w., die bei späteren Bauten wieder verwendet wurden.