Verona.
echt monumentales Gepräge verliehen; er schuf auch die schönsten Paläste
dieser Zeit, am Corso den Bevilacqua und Canossa, an der piazza Vittorio
Emanuele den palazzo Sparaviere. Sanmicheles Architektur, der die
römische Kunst zumal in seinen Thoren trotz seinen durchweg originalen
Zielen mit einer Congenialität aufgriff, wie bei solchen Bauten kein zweiter,
zeigt echt veronesischen Charakter.
Waren es doch wohl auch in erster Linie die Reste römischer Kunst
in seiner Vaterstadt, die seinen künstlerischen Charakter beeinflussten, die
Ruinen Roms führten ihn dann dazu, seinen Stil grösser und bedeutender
zu entfalten; der mächtige Ernst aber, der nicht nur seinen Festungs-
bauten, sondern auch seinen Palästen, wie namentlich dem Canossa, eigen,
weist neben der römischen Kunst auch auf die düster grossartigen Paläste
Veronas aus dem I4. Jahrhundert. Die Nachfolger Sanmicheles, deren
bedeutendster Dom. Curtoni mit seiner 1609 begonnenen Gran Guardia
antica auf der piazza Vittorio Emanuele, stehen trotz aller Steigerungen
und einigen originellen Zügen doch so sehr unter dem Einfluss dieses
Meisters, dass eine wesentliche Aenderung im Gesammtbilde der Stadt
durch sie nicht herbeigeführt wurde, und heute noch vor Allem jene vier
grossen Blütheperioclen, die römische, romanische, die gothische und die
Kunst Sanmicheles, den Charakter des Gesammtbildes von Verona be-
dingen, der so einheitlich, weil die Perioden innig untereinander zusammen-
hingen, die maassgebenden Künstler einheimische, dem gleichen Boden
entwachsene, im Gegensatze etwa zu Padua, wo das Bedeutendste durch
fremde Meister geschaffen wurde.
Die mittelalterliche Kunstblüthe V eronas entfaltet sich im romanischen
Stile am bedeutendsten im II. und I2. Jahrhundert. Während des
12. Jahrhunderts schwang sich Verona 1177 zur freien Stadt auf, gegen
das Ende der Periode beginnt die Herrschaft der Skaliger. Die Stadt
entfaltete damals eine ganz ausserordentliche Bauthätigkeit; ungefähr ein
Dutzend ihrer Kirchen, von denen ich hier nur das Bedeutendste streifen
kann, bieten Beachtenswerthes für die Geschichte der romanischen Bau-
kunst, und bei dem raschen Emporblühen der Stadt kann es sicher nicht
befremden, dass die Kirchen häufig Spuren von Umbauten innerhalb der
romanischen Periode zeigen, und ebenso wenig, dass wiederholt, wie in
S. Benecletto oder in S. Giovanni in fonte, ältere Details verwerthet
wurden, die von Kirchen des 9. und I0. Jahrhunderts, zuweilen sogar
vielleicht von noch älteren Bauwerken herrühren mögenl).
1) Derartige Bauten urkundlich nachgewiesen zu haben, ist ein Verdienst der Heissigen
Arbeit von Mothes: Baukunst des Mittelalters in Italien, Jena 1884, mit dessen Datirung der
Denkmale ich aber nach wiederholter eingehender Prüfung seiner Hypothesen vor den Monu-