Verona.
erfahren, aber die mächtigen Mauermassen der Paläste, die stattlichen,
alten Thürme rühren noch aus jener Glanzzeit des I4. Jahrhunderts her
und jene späteren Zuthaten erscheinen nur als das Werk schwächlicher
Epigonen, welche die Grösse ihrer Ahnen noch mächtiger wirken
lassen.
Von besonderem Interesse sind die Höfe der alten Skaligerpaläste,
der jetzigen Prefettura und des Tribunale, die noch bedeutende gothische
Säulenhallen aus dem I4. Jahrhundert besitzen, die zum Theil zweistöckig
angelegt sind, während den Hof eines dritten Palastes, den des mercato
vecchio, eine hübsche, laut Inschrift 1447 erbaute, gothische Freitreppe
ziert. Für den Palastbau des I4. Jahrhunderts, von dem Italien noch
mehrfach werthvolle Denkmale besitzt 1), ist die Rückseite der Prefettura
nach der piazza d'arche zu von besonderem Interesse, wo die grossen
Rundbogen der ehemaligen Thore und Fenster, die jetzt wieder frei ge-
legt wurden, zeigen, wie sich hier, wie ja einst auch in Florenz, der mittel-
alterliche Palast mit einer stattlichen Loggia nach dem Freien öffnete;
zwei der Fenster wurden bereits im I 5. Jahrhundert, die anderen erst
später verändert. Einen höchst malerischen Rest mittelalterlichen Palast-
baues bietet der ganz nahe gelegene Hof via arche Scaligeri 4. mit
hübscher Freitreppe und Säulenhalle.
Durch die historischen Erinnerungen, die sich an sie knüpfen, durch
das hohe Interesse, das sie für den Palastbau des I4. Jahrhunderts be-
sitzen, fesseln jene Paläste; die hübsche Loggia dagegen, die Fra Giocondo
1476 entworfen, die gegen Ende des Jahrhunderts vollendet wurde, wird
jeden unmittelbar erfreuen durch ihre anmuthige Frührenaissance-Dekoration,
die ja auch durch den feinen Schmuck zahlreicher Paläste Veronas Strassen
künstlerisch so sehr belebt und die in der Sakristei von S. Maria in organo
mit den Arbeiten des Fra Giovanni da Verona ein geradezu klassisches
Meisterstück der graziösen Dekorationskunst der Frührenaissance geschaffen,
Durch diese Kunst übte Verona einen zwar bescheidenen, aber doch sehr
erfreulichen und weitgreifenden Einfluss; denn die reizenden Intarsien-
arbeiten, auf die wir längs der Brennerstrasse mehrfach in Tyrol stossen,
so besonders prächtig in Velthurns, die wir auch im südlichen Bayern
finden, hängen sicher mit diesen oberitalienischen Arbeiten zusammen,
und in den erwähnten Gegenden vor Allem mit Verona.
Die Strasse der lebhaften Handels- und Gewerbstadt und die der
Paläste vereinigt originell der corso Cavour. Der enge Theil desselben
von S. Anastasia bis porta Borsari zeigt das regste Leben, der breite
folgende dagegen die aristokratische Stille der Palaststrasse, die in Verona
durch den ernsten Charakter der Paläste höchst gravitätisch und würde-
1) So vor Allem in Lucca,
Gu inicci