Verona.
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ist, Einblick
winnen.
in
eine
andere
Kunstwelt
als
die
seiner
Heimath
ZU
Neben dem Zugange von diesem Platze zur via nuova steht eine
gothische Heiligensäule, am Eingange der lebhaften I-Iandelsstrasse, die
durch ihr buntes Treiben noch heute an Verona als die grosse Handels-
stadt des Mittelalters erinnert, wie noch lebendiger und farbenreicher die
piazza d'erbe, zu der uns diese Strasse führt. Zwar gehören die meisten
der Paläste, die den so ausserordentlich malerischen Platz einschliessen,
wie der palazzo Maffei mit seiner wirkungsvollen, wenn auch etwas schweren
F agade, die casa Mazanti und andere mit ihren verwitterten Fresken erst
weit späterer Zeit an, aber die historischen Erinnerungen und auch manche
Denkmale, vor Allem die mächtigen, mittelalterlichen Thürme führen uns
zurück in jene längst verflossene Blüthezeit der Stadt im Mittelalter, und
mitten im modernen Getriebe gewinnen wir das lebendigste Bild von der
Vergangenheit.
In der Mitte des Platzes steht die Tribuna, deren Spitzdach vonivier
Säulen getragen wird; sie diente einst bei der Einsetzung des Podesta,
später bei Gerichtsverhandlungen; nördlich von ihr der alte Marktbrunnen
mit der zwar unbedeutenden, aber doch theilweise antiken Statue der
Verona und die mächtige Säule mit dem Löwen des hl. Markus (moderne
Nachbildung), die an die Unterwerfung der Stadt durch die Venezianer
erinnert; aus Veronas Glanzzeit dagegen stammt der 1172 für die Familie
Laniberti erbaute, I 370 von der Stadt erworbene und umgebaute Torre
del comune, einer der höchsten Stadtthürme Italiens, vor Allem aber
auch die durch die Skaliger 1301 umgebaute casa dei mercanti mit ihrer
Säulenhalle.
Unter einem Bogen durchschreitend, gelangen wir auf die anstossende
piazza dei signori. S0 hart die beiden Plätze an einander grenzen, finden
wir hier doch eine völlig andere Welt; nicht leicht wird eine zweite
Stadt zwei Plätze nebeneinander aufweisen können, die künstlerisch so
bedeutend, zwei so ganz verschiedene Charaktere besitzen und denen sich
als dritter die an die piazza dei signori stossende piazza d'arche gegen-
überstellt mit den imposanten und phantastischen Grabdenkmalen der
Skaliger.
Auf die von buntem Leben wimmelnde piazza d'erbe münden drei
Hauptstrassen Veronas: der corso, die via nuova und die via S. Sebastiano;
die aristokratisch stille piazza dei signori dagegen liegt von den Verkehrs-
strassen seitab und ist nur durch grosse Thor-bogen zugänglich; sie um-
schliessen stattliche, ernste Paläste, die meist dem mächtigen Herrscher-
geschlecht der Skaliger ihre Entstehung verdanken. Das AuSSShCn dieser
Paläste gegen die piazza bestimmen zwar heute wesentlich die Verän-
derungen, welche dieselben in späterer Zeit, namentlich im I7. Jahrhundert,
Riehl, Kunstcharaktere. 5