Kunsthauptstadt Bayerns.
mittelalterliche
Regensburg
Studien offenbar an den Aermsten, die am Domportale lagen, gemacht
hat, sein Mantelende reiche. Sorgfältig hat der Meister Rüstung und
Sattelzeug der Ritter von Regensburg studirt, um seine Heiligen ja recht
wahrheitsgetreu damit auszustafüren, so dass sie die prächtigsten Kostüm-
bilder geben. Als solches ist auch das Standbild eines fürstlichen Heiligen,
wahrscheinlich St. Sebastian, im Chor des nördlichen Seitenschiffes inter-
essant, das die Sage als Bildniss Roritzers bezeichnet.
Eine lebensgrosse Statue des Schmerzensmannes aus dem Anfang
des I4. Jahrhunderts, die historisch sehr beachtenswerth, steht im Hof
des Klaraklosters. Christus ist nur durch einen fast bis zu den Knieen
reichenden Lendenschurz bekleidet, die Rechte legt er in sein rechtes
Wundenmal, und auch die Linke deutet auf dieses hin; der Kopf neigt
sich etwas nach der rechten Seite. Der Kopf, bei dem die Backenknochen
stark vortreten, strebt nach sorgfältiger Durchbildung, deutlicher
zeigen dies noch Brust und Leib, während Hände und F üsse noch sehr
mangelhafte Naturbeobachtung erkennen lassen. Von einem eigentlichen
Verständniss des ganzen Organismus ist natürlich noch keine Rede, aber
die Betonung der Rippen, die Behandlung der Hautfläche zwischen den-
selben, die Modellirung der Schultern und des Leibes sind deutliche Be-
weise für den mächtigen Fortschritt der Plastik des I4. Jahrhunderts in
Verständniss und Durchbildung des Körpers.
Die vollendetste dieser Statuen, der sitzende Petrus in der Ulrichs-
kirche vom Ende des 14. Jahrhunderts, besitzt mit den besten gleich-
zeitigen Arbeiten, dem Grabmal des seligen Erminold in Prüfening und
jener Verkündigung an den Vierungspfeilern des Domes eine so auffallende,
stilistische Verwandtschaft, dass dieselbe nicht nur die gleiche Entstehungs-
zeit sichert, sondern auch die Vermuthung nahe legt, dass die Arbeiten
von demselben Meister herrühren.
Der sitzende Petrus (1,41 Meter hoch) segnet mit der Rechten, mit
der Linken dagegen wendet er eben ein Blatt des Buches, das auf seinen
Knieen liegt. Das Motiv der Figur ist also dasselbe, wie bei jenen zahl-
reichen romanischen und frühgothischen Christusstatuen, von denen ich
oben die am Portal von St. Emmeram, aus Reichenbach und im Tym-
panon der Augustinerkirche besprach, um an ihnen den Fortschritt der
Plastik innerhalb nahezu drei Jahrhunderten zu zeigen. Der Vergleich
mit diesen Werken, zumal mit dem Tympanon der Augustinerkirche, das
jetzt nicht weit von der Petrusstatue seine Aufstellung gefunden, zeigt,
wie wir in derselben die letzte Stufe dieser Entwicklung haben, wie sich die
Naturbeobachtung gesteigert, die Technik ausgebildet hat und dadurch
eine freiere, wirkungsvolle Darstellung möglich geworden war.
Petrus segnet mit der Rechten, in der Linken hält er das Buch, das
ist das alte Motiv; aber wie ganz anders, als bisher, wird es behandelt.