Regensburg
mittelalterliche Kunsthauptstadt
Bayerns.
Wie man gegenüber diesem stetigen Fortschritte in der Stadt auf
dem Lande, selbst in nächster Nähe von Regensburg, auch in der Plastik
noch geraume Zeit an dem alten Stil festhielt, beweist das eine kleine
Stunde donauabwärts gelegene Tegernheim, bei dem das Brustbild des
segnenden Christus im Portal der Kirche, sowie ein 0,68 Meter hohes
Steinrelief des Gekreuzigten an einem Bauernhause in der Nähe derselben
zwar noch ganz romanisch, gleichwohl aber erst aus der zweiten Hälfte,
wahrscheinlich sogar erst vom Ende des I3. Jahrhunderts herrühren.
Trotz der durch die Grossstadt bedingten Theilnahme Regensburgs
an den Fortschritten der architektonischen Entwicklung dieser Zeit, lassen
die Bauten doch auch den für die bayerische Kunst so charakteristischen
conservativen Sinn deutlich erkennen. Noch in den rein gothischen Bauten
aus dem letzten Drittel des Jahrhunderts klingen romanische Formen
nach, dies zeigen die Fenster der Minoritenkirche, die Basen der Dienste
der Dominikanerkirche, vor Allem die Spitalkirche in Stadtamhof und
einige Details in dem Chor des südlichen Seitenschiffes des Domes,
Mit diesen Kirchen aber war doch der neue Stil in consequenter
Ausbildung zur Herrschaft gelangt; die Bettelorden, die für die Verbreitung
der Gothik überhaupt, besonders aber auch in Bayern von grösster Be-
deutung sind, schufen in der Dominikanerkirche (1273 bis nach 1277) und
in der Minoritenkirche (vor 1283 begonnen, der Chor aus dem I4. Jahr-
hundert) die ersten grossartigen Denkmale reln gothischen Stiles. Da-
neben entstand der Dom als das Denkmal der Bischofsstadt, zugleich
aber auch als das grosse Kunstwerk der freien Reichsstadt, daran schlossen
sich noch eine Reihe von Kirchen, von denen mehrere, wie z. B. die
Augustinerkirche, nicht mehr erhalten, und gleichzeitig entstand die statt-
liche Reihe der Profanbauten, das Rathhaus und die zahlreichen Ge-
schlechterhäuser mit ihren zum Theil sehr bedeutenden Hauskapellen.
Die grossartige Thätigkeit der Regensburger Baukunst im letzten Drittel
des I3. und im I4. Jahrhundert legte so den Grund zur Kunstblüthe
Regensburgs in der zweiten Hälfte des Mittelalters, die jener in der ersten
an historischer Bedeutung wohl kaum nachsteht, an künstlerischem In
teresse sie aber entschieden überragt.
Die Dominikaner- und Minoritenkirche unterscheiden sich, obwohl
fast gleichzeitig mit dem Dom begonnen, in ihrem Charakter doch sehr
wesentlich von ihm, weil derselbe bei ihnen in erster Linie durch die
Bauvorschriften und die Tradition ihres Ordens bedingt wurde. In der
Choranlage, auch in manchen Details, erkennt man bei diesen Kirchen
zwar Zugeständnisse an die specielle Art bayerischer Baukunst; ein be-
sonders charakteristischer Ausdruck derselben aber sind sie nicht. Das
Aeussere dieser Kirchen ist sehr schlicht, das Innere wirkt bei einfachen
Details durch die klare, streng organische Durchführung, vor Allem durch