34 Regensburg als mittelalterliche Kunsthauptstadt Bayerns.
an dem Nordportale. In gewissen allgemeinen Zügen spricht sich der
Zusammenhang mit fremder Baukunst, der gemeinsame Fortschritt mit
ihr aus, aber verwerthet wird Alles selbständig; gerade die für den spe-
ciellen, künstlerischen Charakter des Baues maassgebende Durchführung
der Gedanken ist durchweg eigenartig. Wenn eben auch die Kenntniss
fremder Bauten durch den leitenden Baumeister, der vielleicht in fremder
Schule gebildet wurde, verwerthet wurde, so waren die ausführenden
Maurer und Steinmetzen doch Regensburger, und zwar, worauf die Stein-
metzzeichen deuten, jetzt Laien. bürgerliche Handwerker, und schon
dadurch musste der Bau den der lokalen Gruppe eigenen Charakter an-
nehmen.
Nicht minder wichtig wie für die Entwicklung der Architektur er-
scheint die reiche Dekoration der Kirchen des I2. Jahrhunderts für die
Geschichte der Plastik. Jetzt erst gewinnt diese Gelegenheit, sich freier
zu entfalten, denn die altchristliche Kunst war in Folge des Gegensatzes
zur heidnischen der statuarischen Plastik scheu aus dem Wege gegangen,
und auch die nordische mit ihren stattlichen, durch die Fortschritte im
Verlauf des 11. Jahrhunderts zwar einheitlich durchgeführten, aber doch
im Detail immer auf das Notwendige beschränkten Bauten hatte kein
Bedürfniss nach plastischem Schmuck; erst mit dem Streben nach reicherer
Durchführung erwacht es.
Die Steinplastik grösseren Stils, der naturgemässe Ausgang der Ent-
wicklung einer bedeutenden Skulptur, dringt so im Dienste der Architektur
als dekorativer Schmuck in die christliche Kunst ein; erst im 13., noch
mehr im I4. Jahrhundert gelangt sie zu grösserer Freiheit. Gerade für
das Studium mittelalterlicher Plastik bietet Regensburg ein selten reiches,
bisher noch recht wenig beachtetes Feld. Mit St. Jakob treten wir vor
den ersten Bau, an dem die Plastik umfassend thätig ist, aber rein deko-
rativ an den Basen und Kapitälen der Säulen, sowie an dem Portal. Die
Wirkung des Ganzen zu erhöhen ist ihre Absicht, nicht die einzelne
Figur als selbständiges Kunstwerk hinzustellen. Sie kann dadurch un-
gezwungen, in freiem Spiel der reichen Phantasie Ausdruck geben; sie
kann in den Thieren und Thierköpfen, sowie in menschlichen Gestalten
ihre Freude an der Natur durch die sorgfältige Beobachtung derselben
zeigen, und sie wirkt höchst anziehend, indem sie erkennen lasst, was.
sich aus einer solchen Kunst entwickeln konnte; aber von einer exakten
Durchbildung der Form der einzelnen, besonders der menschlichen Ge-
stalt, konnte hier noch keine Rede sein, ja sie widerspricht geradezu dieser
Stellung der Plastik, die zumal bei bedeutender Entfernung vom Auge
des Beschauers durch feine Ausführung nur einbüssen konnte.
Deutschland besitzt allerdings schon aus dem II. Jahrhundert eine
Reihe zum Theil bedeutender plastischer Werke, aber das Auftreten dieser