Kunsthauptstadt Bayerns.
mittelalterliche
Regensburg
sondern indirekt, indem man zunächst an den 994-1006 ausgeführten
Dom zu Augsburg anknüpfte. Dass diese Kirchen aber, wie der Augs-
burger Dom, ausser dem westlichen auch noch einen östlichen Chor haben,
ist wohl als deutsche Eigenthümlichkeit zu bezeichnen, die sich in Deutsch-
land zuerst in St. Salvator in Fulda (819) nachweisen lässt. Die Gestalt
des Ostchores dagegen, ohne Querschiff mit drei neben einander liegenden
Apsiden, weist wieder auf Italien, und zwar auf Oberitalien, mit dem
Bayern in beständiger Verbindung stand; daher bürgerte sich diese An-
lage auch als die regelmässige in Bayern ein und blieb bis in die Gothik
in Geltung, während das westliche Querschiff, das auf einen weit ent-
fernten, besonders grossartigen Bau zurückgeht, auf wenige grosse Kirchen,
die in innigem Zusammenhang unter einander stehen, beschränkt blieb.
Aus der Bekanntschaft mit italienischen Bauten wird in erster Linie auch
das Streben nach weiten, grossen Räumen bei St. Emmeram und Ober-
münster zu erklären sein, das auch weiterhin der bayerischen Architektur,
ja überhaupt der des südlichen Deutschlands eigen ist.
Die Regensburger Baukunst zeigt das Anlehnen an die italienische
zu der Zeit, als die deutsche Architektur begann, einen selbständigen,
nationalen Charakter zu entwickeln; sie zeigt aber auch durch den Ein-
fluss auf den Dom und St. Jakob in Bamberg, dass Regensburg, das die
fremden Einflüsse selbständig verarbeitet hatte, dadurch die Entwicklung
der deutschen Kunst mächtig förderte.
Vor Allem aber kam das, was die Hauptstadt errungen, dem bayeri-
schen Stammlande zu Gute, das besonders durch die Beziehungen der
Klöster, nicht minder vielleicht durch die Landtage eine beständige Ver-
bindung mit der Hauptstadt besass. Die Klöster erbaten sich kunstgeübte
Mönche aus St. Emmeram und anderen Regensburger Klöstern, und durch
die Landtage kamen die weltlichen und geistlichen Herren nach Regens-
burg, lernten die dortige Kunst kennen und wurden dadurch angeregt,
sie im eigenen Gebiet zu üben. Wie intensiv diese Verbindung war, lässt
sich schon daraus erkennen, dass jene Herren in Regensburg meist ihre
eigenen Häuser hatten, deren Besitz sich theilweise schon in sehr früher
Zeit nachweisen lässtl), beispielsweise beim Salzburgerhof schon_998,
beim Brixner 1002, beim Augsburger 1273, und deren Namen wie der
Freisingen, Rebdorfer- und Passauerhof sich mitunter bis heute noch er-
halten haben.
Wie das Anknüpfen an die Länder, die eine ältere, weiter entwickelte
Kunst und damit eine feste, künstlerische Tradition besassen, den natur-
gemässen Ausgang der Entwicklung der deutschen Kunst bot, wie das,
was Regensburg leistete, befruchtend zunächst auf das bayerische Stamm-
1) Vvalderdorff
Regensburg.
Regensburg
1874-