italienische Kunst. 19
i
und
Deutsche
In den Werken des Cornelius zeigen sich die Anregungen italienischer
Kunst auf die deutsche jener Tage am grossartigsten, nirgends aber treten
sie uns so poetisch entgegen als in den italienischen Landschaften Karl
Rottmanns in den Arkaden des Münchner Hofgartens. Rottmann malte
italienische Landschaften; er sah sie wie die alten Italiener, deren land-
schaftlicher Sinn durch den Charakter dieses Landes erzogen war, mit
dem freien Blick, der das Ganze beherrscht und dadurch allein die monu-
mentale Grösse, den eigensten Vorzug dieser Natur erfassen kann, und
doch sind Rottmanns italienische Landschaften eine echt deutsche Arbeit.
Rottmann erfasst die italienische Landschaft mit deutscher Liebe und
Hingabe an die Natur; nur ein Künstler, der in poesievollen, stillen
Träumen in dieser Natur geschwelgt hatte, konnte ein Bild schaffen, das
eine so fein empfundene Stimmung, ein so tiefes Gemüth zeigt, wie sein
herrlicher Monte serone. Echt deutsch ist bei Rottmann der Reichthum
seiner Phantasie, vor Allem aber auch der gedankenreiche Zug, welcher
die Auffassung dieser Landschaften bedingt. Rottmann giebt die Land-
schaft nicht als Vedute, sondern er malt den Wiederhall der glücklichsten,
weihevollsten Stimmungen, in denen wir ganz von der einfachen
Schönheit, der historischen Grösse beim Anblick jener Landschaft durch-
drungen waren, das Bild, das sich da poetisch verklärt unauslöschlich
unserem Gedachtnisse einprägte, so dass es stets schon der blosse
Name des Ortes in uns wieder wachruft; das ist es, was der Meister
festgehalten, was diesen Werken einen so unvergleichlichen Zauber
verleiht.
So hat durch die Jahrhunderte hindurch ununterbrochen bald mehr
bald minder stark die italienische Kunst Einfluss auf die deutsche geübt,
nicht zu deren Schaden, sondern zu deren grösstem Segen, und auch die
italienische Kunst hat sich nicht ablehnend gegen die deutsche verhalten,
und je kräftiger sich diese entwickeln wird, um so mehr wird eine neu
erblühende italienische Kunst ihre Einflüsse aufnehmen. Der freie Aus-
tausch der Meinungen ist auch hier das Richtige; er hindert nicht die
Originalität, sondern er fördert und läutert sie; der schwache Künstler
fürchtet durch den Umgang mit dem Ueberlegenen seine ängstlich ge-
hütete Eigenart einzubüssen, der bedeutende und wirklich originale Meister
aber wird durch die fremde Kunst nur gewinnen, wird lernen, sich über
den eigenen Charakter Rechenschaft zu geben und durch das offene An-
erkennen Anderer wachsen in der eigenen Art.
Die deutsche und die italienische Kunst stehen jede gross in ihrer
Art gleich berechtigt neben einander. Das Schönste und Grossartigste
in der modernen Kunst danken wir den Italienern; das Tiefste, Gemüth-
vollste und Charakteristischste, die grösste Fülle der Gedanken sind das
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