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Peter Paul Rubens.
Nicht durch die einfache Schilderung des Vorganges, wie bei den
oben besprochenen Historienbildern, sucht Rubens die Bedeutung des
Ereignisses darzustellen, sondern durch die Beigabe einer Fülle allegorischer
Gestalten, die zwar an sich recht schön, deren Verbindung mit dem
realen Leben aber doch stets wenig geschmackvoll, die ein AusHuss der
gelehrten, höflschen Kunst ist. Rubens, der in seinen übrigen historischen
Bildern derartigen Beigaben in der Regel ganz aus dem Wege geht,
machte hier offenbar der Mode wesentliche Koncessionen. Wie weit
specielle Wünsche seitens des Hofes zu jener Verbindung von Allegorie
und Geschichte führten, wissen wir bis jetzt nicht, wahrscheinlich ist mir
jedoch, dass solche von wesentlichem EinHuss auf die Art waren, wie
Rubens seine Aufgabe erfasste; auch muss beachtet werden, dass manche
der ja sicher gegebenen Themen so unbedeutend sind, dass sie eines
solchen Aufputzes unbedingt bedurften, um irgend ein künstlerisches
Interesse zu gewinnen.
Ganz anders entfaltet sich Rubens Kraft, wo er ein wirklich bedeu-
tendes Ereigniss darzustellen hat, wie in der zwischen 1626 und 1630
begonnenen Fortsetzung des Cyklus, welcher die Thaten Heinrich IV.
behandeln sollte. Was Rubens hier erstrebte, lassen die beiden gross-
artigen Entwürfe 1) in den Uffizien erkennen, der Einzug Heinrich IV. in
Paris, und besonders die Schlacht bei Ivry, In dem letzteren Bilde zumal
hatte Rubens einen Vorwurf, dessen eigene Bedeutung ihn fesselte. Das
Allegorische tritt daher wesentlich zurück; das grossartige Schlachtenbild
zeigt eine so gewaltige Auffassung, eine solche Wucht der Aktion, eine
so unübertreffliche Freiheit des Vortrags, dass es entschieden zu den
höchsten Leistungen Rubensscher Kunst, ja unbedingt zu den grossartigsten
der gesammten Historienmalerei gerechnet werden muss.
Wenn es uns heute schwer fällt, jene Verbindung von Geschichte und
Allegorie, wie sie der Medici-Cyklus zeigt, zu geniessen, wenn wir darin
eine Koncession von Rubens, sei es freiwillig oder durch den Auftrag-
geber dazu genöthigt, an den Modegeschmack erkennen, so gehören da-
gegen eine Reihe seiner eigentlichen Allegorien, in denen er auf rein
idealem Boden grosse Begriffe lebensvoll und ergreifend künstlerisch ge-
staltet, zu seinen herrlichsten Schöpfungen. So vor Allem, wenn wir
anknüpfend an die Schlacht bei Ivry auch hier den Maler des Kriegs ins
Auge fassen, seine Allegorie des Krieges in der Galerie Pitti, die er 1638
für den Grossherzog von Toskana malte.
Wüthend stürzt in der Mitte des Bildes der wettergebräunte, mächtige
Krieger vorwärts, mit der Linken sich durch den erhobenen Schild
deckend, in der Rechten das gezückte, bluttriefende Schwert. Unaufhalt-
1) Sie sind in
Originals angelegt,
der Grösse
untermalt.
jedoch nur