Volltext: Deutsche und italienische Kunstcharaktere

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Rubens. 
Peter Paul 
die Betrachtung aus der Ferne berechnet sein, denn nicht im Chor, 
sondern erst im Schiff der Kirche ist der Standpunkt, von dem aus es 
in der Regel betrachtet wird. Bei den grossen Altären des 17. Jahr- 
hunderts steigern sich diese Verhältnisse noch dadurch, dass sie von 
vorn herein auf eine mehr decorative Wirkung angelegt sind, besonders 
das Altarbild, das in Folge des hohen Aufbaues, des mächtigen Rahmens 
meist sehr hoch zu stehen kam. Die Vorwürfe, die man gegen das zu 
bestimmte Vortreten einzelner Figuren, über nicht genügende Durch- 
bildung u. s. w. erhoben, wird man, glaube ich, unter diesem Gesichts- 
punkte zurücknehmen und vielmehr hier wie bei anderen verwandten 
Werken des Meisters grosse Kunst bewundern müssen, den Stil der 
NVirkung, auf die das Gemälde angelegt, stets so trefflich anzubequemen. 
Durch die Aufstellung dieser Kirchenbilder in den Gemäldegalerien 
konnte man sie erst eingehend studiren, und deshalb, vor Allem aber 
wegen der hier allein möglichen guten Erhaltung der Bilder war ihr Ver- 
bringen in die Sammlungen ja in hohem Grade erfreulich; wer aber 
wissen will, welche Wirkung der Künstler mit seinen Werken erzielen 
wollte, der muss sich die Kirchen und vor Allem die Hochaltäre von 
Neuburg und Freising, für welche die Bilder gemalt sind, betrachten. Eine 
Galerie kann, so vortheilhaft auch das Bild aufgehängt sein mag, ein so 
grosses Gemälde weder in der angemessenen Höhe anbringen, noch kann 
sie das entsprechende Zurücktreten ermöglichen. Auch die Farbe des 
jüngsten Gerichtes muss unter diesem Gesichtspunkte beurtheilt werden: 
sie durfte für diesen Ort nicht auf feine Effekte rechnen, der Künstler 
musste eine gröbere Wirkung ins Auge fassen, er musste dem meist wenig 
günstigen Licht, das solchen Bildern zu Theil wird, Rechnung tragen. 
Mit dieser mehr decorativen Wirkung, durch welche die Rubens'schen 
Altarbilder in der Regel allein der Aufgabe, welche an sie gestellt wurde, 
gerecht werden konnten, hängt es auch zusammen, dass sich Rubens 
gerade hier offenbar in sehr ausgedehntem Maasse der Hülfe seiner 
Schüler bediente; er wusste genau, dass zu sorgfältige Durchführung 
solchen Bildern nicht nützt, sondern schadet, dass die vielen Feinheiten, 
die das Bild bei einer eigenhändigen Ausführung gewonnen, sobald es an 
seine Stelle gebracht wurde, verloren gehen mussten. 
Eines der interessantesten Beispiele, wie Rubens die Bestellung solcher 
Altarbilder erledigte, itheilt van den Branden 1) mit. Die Verwaltung 
der Hauptkirche von Mecheln bestellte bei Rubens ein Altarbild des 
Abendmahles. Um die gefahrvolle Ueberführung des vollendeten Werkes 
zu vermeiden, sollte es in Mecheln gemalt werden. Rubens sandte nun 
Geschiedänis der Antwetpsche Schilderschool. 
511,
	        
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