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Rubens.
Peter Paul
stete Verkehr mit der Natur, die er in allen ihren Erscheinungen, in der
Landschaft wie im Volksleben oder auch im Thierleben mit so viel Liebe,
mit so frischem Blick erfasste, musste ihm ja vor Allem Bedürfniss sein.
Aus späterer Zeit besitzen wir ein hübsches Gemälde von Rubens, das
einen solchen Erholungsgang in seinem Garten darstellt (Pinakothek zu
München). Am Arme seiner Gattin Helene geht er zu seinem Garten-
pavillon; ein Page folgt ihnen und ein Hund. An Hunden scheint Rubens
eine besondere Freude gehabt zu haben; nur ein Mann, der diese Thiere
in seiner Umgebung hat, ihr Leben und ihre Eigenthümlichkeiten stets
liebevoll beobachtet, konnte sie so lebenswahr darstellen, wie er; dass er
auch noch andere Thiere pflegte, sehen wir gleichfalls auf diesem Bilde,
denn eben streut eine alte Magd den Pfauen und allerlei anderem Geflügel
Futter. Auf einem Bilde ähnlichen Inhaltes in der National-Galerie zu
London führt Helene ihr Kind am Gängelbande vor sich her.
Abends pflegte Rubens einige Bekannte bei sich zu sehen; er hatte
ein gastliches Haus und viele Freunde. Gelehrte und Künstler pflegten
sich bei ihm zu versammeln und zumal den Letzteren scheint er stets gern
als Freund und Berather beigestanden zu sein; in der Familiengeschichte
der Antwerpemschen Künstler, für die van den Branden's 1) Werk uns ein
so ausserordentlich reiches Material brachte, begegnet uns Rubens alle
Augenblicke; wiederholt wird er zu Gevatter gebeten, erscheint als Trau-
zeuge und Ähnliches mehr.
Wenn der englische Gesandte im Haag an Rubens schrieb: wIhr seid
ein Prinz unter den Malern und unter den vornehmen Leutem, so sagte er
damit nur die einfache Wahrheit. Aber Rubens hat über dem Cavalier
den Künstler nie vergessen; trotz allem Glanze führte er ein einfaches
Leben, das ganz der Arbeit gewidmet war, und auch die einfach prak-
tischen Forderungen des Lebens beherrschte er mit klarem Sinn. Im
reichsten Maasse war bei ihm der Wunsch ]uvenal's in Erfüllung gegangen,
den er an seinem Hause angeschrieben hatte:
iiOrandum est, ut sit mens sana in corpore sano
Fortem posce animum et mortis terrore carentem
Nesciat irasci, cupiat nihilß
Ende Juni oder Anfang Juli 1626 traf Rubens der schwere Schlag des
Todes seiner geliebten Frau, der ihn so darnieder drückte, dass er in der
nächsten Zeit seine Kunst fast ganz vernachlässigt zu haben scheint, und
schliesslich in den zerstreuenden Eindrücken einer Reise, in der-Entfernung
von dem Hause, wo ihn Alles an die theure Verstorbene erinnern musste,
eine Linderung seines Schmerzes suchte. So reiste Rubens nach Holland
und besuchte dort verschiedene Künstler, wie Bloemaert, Poelenburg und
Honthorst. Um in ländlicher Zurückgezogenheit leben zu können, kaufte
der Antwerpsche Schilderschool.
1) Geschiedenis
Antwerpen
1883