Peter Paul
Rubens.
der gelehrte Künstler, der Kenner des Alterthums, musste den jungen
Rubens ebenso wie der vielgereiste W eIt- und Hofmann fesseln; er mag in
diesen Dingen manche bedeutsame Anregung durch Veen empfangen
haben. Durch Veen scheint er auch die ersten Verbindungen mit den
höfischen Kreisen, namentlich mit dem Statthalterpaar Albrecht und
Isabella, angeknüpft zu haben, die er wohl schon bei ihrem Einzuge in
Antwerpen am 8. December 1599 kennen lernte, wo Veen die Fest-
dekoration der Stadt besorgte. Aber auch dem Künstler Veen verdankte
Rubens Manches; lernen konnte man in der That viel bei dem doch
immerhin sehr tüchtigen Maler, als den ihn schon seine vier grossen
Bilder im Museum zu Antwerpen erkennen lassen.
Man pflegt die niederländischen Maler der zweiten Hälfte des I6. jahr-
hunderts gewöhnlich nicht sehr zu schätzen, indem man diese Zeit als
die des Verfalls der vorausgehenden Blüthe gegenüberstellt. Einen Höhe-
punkt in der Geschichte der niederländischen Malerei bilden sie auch
gewiss nicht, aber sie besitzen eine grosse historische Bedeutung; Rubens
wäre ohne ihren Vorgang nicht denkbar. Seit dem Beginn des 16. Jahr-
hunderts hatte die nordische Kunst angefangen, in die Schule der ihr so
vielfach überlegenen Italiener zu gehen; dass darunter zunächst der
nationale Kunstcharakter leiden musste, man vor Allem strebte, möglichst
italienisch zu malen, worin es Einzelne bekanntlich auch so weit brachten,
dass ihre Bilder heute noch ab und zu als italienische Arbeiten angesprochen
werden, ist natürlich. Ein grosses Verdienst dieser Künstler aber ist,
dass sie den Blick auf das Ganze, die Komposition und den grossen Stil
des historischen Gemäldes lernten, dass sie den Sinn für schöne Formen,
die Herrschaft über die menschliche Figur, die theoretischen Grund-
lagen der Kunst, vor Allem in Rom und Florenz sich erwarben; bei den
Venezianern dagegen das koloristische Empfinden, eine malerische Technik
grossen Stils sich aneigneten.
Auch Otto van Veen hatte in diesem Sinne viel bei den Italienern
gelernt und konnte dadurch anregend auf Rubens wirken; mögen seine
Gemälde auch etwas Steifes, oft allzu Ueberlegtes haben, das Verdienst
muss man ihnen lassen, dass sie Sinn für einheitliche Wirkung, für den
grossen Stil zeigen, der den Niederländern des I5. Jahrhunderts noch so
fern lag; dass seine Formen edel, seine oft tiefe und satte Farbe harmonisch
ist; dass ein grosses, positives Können in seinen Werken steckt. An ihn
konnte Rubens wenigstens in gewissem Sinne anknüpfen, und er ging dann
selbst nach Italien, um dessen Kunst zu studiren. Er gewann hier die
volle Freiheit in der Kunst und verfiel nicht mehr in äusserliche Nach-
ahmung der Italiener, sondern die Kraft des Genius wusste sich das
Fremde dienstbar zu machen; die Periode, in der die nordische Kunst in