Volltext: Deutsche und italienische Kunstcharaktere

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Paul Rubens. 
Peter 
Zu Weiterer Ausbildung kam Rubens an den Hof der Margarethe 
de Ligne, Wittwe des Grafen Philipp de Lalaing; er lernte so früh sich 
in höfischen Kreisen bewegen, in denen er bald eine hervorragende Rolle 
spielte. Da sich Rubens aber der Malerei zuwenden wollte, so wurde er 
zuerst in die Schule eines Verwandten, nämlich des Tobias Verhaecht, 
geschickt. Wir wissen über Verhaecht zu wenig, um sagen zu können, 
welche Einflüsse er auf seinen jungen Schüler übte; höchstens lässt sich 
vermuthen, dass er Rubens zur Landschaftsmalerei anregte. Weit bedeu- 
tender war jedenfalls der Einfluss der beiden folgenden Lehrer, des Adam 
van Noort, zu dem Rubens etwa vierzehn Jahr alt kam, und des Otto 
van Veen. Beide, ganz entgegengesetzte Naturen, vertreten sie die zwei 
Hauptrichtungen der damaligen Kunst Antwerpens; van Noort den den 
Vlamen angeborenen Naturalismus, van Veen dagegen die auf der italie- 
nischen Kunst fussende Richtung, die man passend als die akademische 
bezeichnet hat. 1) 
Auch über van Noort sind wir bis jetzt noch recht mangelhaft unter- 
richtet. 2) Er war der Sohn eines unbedeutenden Malers Lambrecht van 
Noort, arbeitete sich wesentlich selbständig empor; das Hauptverdienst 
der Werke, die ihm, wie sdie Berufung Petrir in der jakobskirche in Ant- 
werpen, mit Wahrscheinlichkeit zugeschrieben werden können, liegt in einer 
trefflichen Technik, einer freien, breiten Malweise, frischen und gesunden 
Auffassung, die manchmal vielleicht etwas derb. Sicher war van Noort 
ein sehr gesuchter Lehrer; unter der stattlichen Reihe von nahezu einem 
halben Hundert Schülern, die wir heute noch bei ihm nachweisen können, 
finden sich Namen, wie Vrancx, H. van Balen und Jordaens. Auf 
Rubens wirkte, abgesehen von dem rein Technischen, was er bei Noort 
lernte, offenbar die energisch naturalistische Richtung günstig ein, zumal 
im Gegensatz zu Otto van Veen, dessen Kunst Rubens eigentlich doch 
fremd gegenüber stand, von dem er aber gleichwohl entschieden viel 
gelernt hat. Rubens besass eben die geniale Kraft, die er dann auch in 
Italien glänzend bewährt, von jedem zu lernen, ohne deshalb in Abhängig- 
keit von ihm zu gerathen; die Schule bei van Noort, noch mehr wohl 
die bei van Veen war daher für Rubens ein Segen; für einen weniger 
selbständigen Künstler dagegen konnte zumal die letztere leicht zu einer 
gefährlichen Klippe werden. 
Veen's Persönlichkeit musste für Rubens etwas Anziehendes haben, 
1) Bei Weitem das Beste über die niederländische Malerei des 16. Jahrhunderts bei: 
Hermann Riegel, Beiträge zur niederländischen Kunstgeschichte, Berlin 1882. Siehe daselbst 
auch die sehr gehaltvollen Rubensstudien. 
2) Siehe auch: Rooses, Geschichte der Malerschule Antwerpens. Deutsche Ausgabe 
von Reber p. 142 u. ff.
	        
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