3] 3 Leben und Kunst zweier niederländischer Bauemmaler des siebzehnten Jahrhunderts.
Die bessere Gesellschaft Antwerpens brachte übrigens trotz alledem
Brouwer doch stets ein gewisses Wohlwollen entgegen. Er war Mitglied
der Rederyk-Kammer, wohnte bei dem verheiratheten Kupferstecher
Pauwel du Pont, und es soll sich was nicht unwahrscheinlich klingt
sogar Rubens bemüht haben, den Künstler auf solidere Bahnen zu bringen;
vor Allem aber borgten ihm seine Mitbürger immer wieder, wenngleich
sie sich doch an den Fingern abzählen konnten, dass dieser Mann nie
zahlen werde; das konnte nicht blos dem Künstler gelten, Brouwer musste
doch auch persönliche Vorzüge besitzen, die an ihn fesselten. Brouwer
besass sie auch in der That; die Anekdoten lassen sie allenthalben durch-
scheinen; es sind lustige Streiche, keine Bosheiten, die sie von dem
Künstler berichten, und Brouwer's Zeitgenosse Sandrart sagt, sdass sich
Brouwer durch seine Natur, die zum Possenreissen und Lustreden nach
Art eines Diogenes Cynici geneigt habe, fast bei Jedermann beliebt ge-
macht haben:
Diese Züge von Brouwers Charakter erschienen aber um so bedeut-
samer, als sie es sind, aus denen seine Kunst erwachsen. Brouwer war
ein Mensch, dem der tiefere sittliche Halt fehlte; er war enorm leicht-
sinnig, sorglos im höchsten Grade und ein ausgelassener Wildfang. Wir
werden diese Eigenschaften gewiss nicht bewundern, aber sie erscheinen
selbst bei einem an sich gut angelegten Charakter begreiflich, wenn man
bedenkt, dass Brouwer wahrscheinlich schon mit I6 Jahren zum Aben-
teurerleben gezwungen war, dass er sich dann weiss Gott unter welchen
Verhältnissen in Holland umhertrieb und nun, als er, wie seine I63Il32
erfolgte Aufnahme in die Gilde beweist, in Antwerpen festen F uss fassen
wollte, wurde er wegen politischen Verdachtes auf die Citadelle gesetzt,
wo er in die wüsteste Gesellschaft gerieth. Aber der gute Kern, der in
Brouwer lag, ging trotz all dieser Stürme nie völlig unter. Brouwer
scheint, was sich häufig bei leichtsinnigen Naturen findet, ein durchweg
gutmüthiger Mensch gewesen zu sein; eine über ihr Vermögen gehende
Freigebigkeit ist bei solchen Leuten nicht selten; von der feineren Gesell-
schaft wollte Brouwer nichts wissen, sie erschien ihm als leerer und
lästiger Formelkram, über den er sich lustig machte, aber wenn sich der
Künstler in seinem Element fühlte, dann war er wohl der beste Gesell-
schafter, den es gab; seine spasshaften Einfälle, sein Witz, sein Humor,
sie mussten Jeden, der nicht ein alter Griesgram war, an den lustigen
Künstler fesseln, sie sollen auch für uns die Auffassung vom Charakter
des Meisters bestimmen, den wir, wenn wir den Künstler verstehen
wollen, wie bei einem guten Portrait nicht durch eine möglichst nüchterne
Wiedergabe der äusserlich wahren Züge, sondern allein durch das Erfassen
der charakteristischsten und bedeutendsten Seite des Mannes richtig ver-
stehen und würdigen können.