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Leben und Kunst zweier niederländischer Bauernmaler des siebzehnten Jahrhunderts.
Alchymist portraitirt hat, und in der der gleichen Periode angehörenden
Kneipscene derselben Sammlungzeigt er wieder entschieden holländischen
Einfluss; er, der das feinste Verständniss für die holländische Kunst
haben musste, verfolgte offenbar deren reiches Leben mit regstem Interesse.
Gerade in der Zeit des bedeutendsten und eigenartigsten Schaffens von
Teniers treten diese Einüüsse aber gänzlich zurück. Etwa seit 1640 zeigt
Teniers das Streben nach einem leichteren Ton, der anfangs durch den
Zusammenhang mit der vorausgehenden Weise des Meisters ein warmes,
zuweilen fast goldiges Licht besitzt, während gegen Ende dieses jahr-
zehntes und besonders während der Glanzzeit in den fünfziger Jahren in
der Regel jener höchst reizvolle, klare, kühle Silberton herrscht, innerhalb
dessen sich die Localfarben so fein abheben. Ohne Zweifel war Rubens
von wesentlichem Einfluss auf diese malerische Entwicklung des Teniers,
aber es hat nicht leicht ein Antwerpener Künstler den Rubensschen Ein-
fluss so frei und selbständig verwerthet, wie T eniers, der eben nur all-
gemeine Anregung von seinem grossen Freunde gewann, während er
seine Auffassung und seinen Stil völlig aus sich heraus seiner eigenen,
von Rubens so sehr verschiedenen Persönlichkeit entsprechend entwickelte.
Der feine, kühle Ton ist in hohem Grade bezeichnend für die Persön-
lichkeit des Teniers; er ist es aber auch zumal durch das klare Aus-
sprechen der Localfarben innerhalb desselben für den Antwerpenschen
Künstler im Gegensätze zu den Holländern. Aber nicht nur im Ton,
sondern auch in der Auffassung, ja schon im Vorwurf sind jene grossen
Bilder der Bauernfeste, die Teniers gerade in seiner besten Zeit so gern
aufgreift, echte Kinder des vlämischen Bodens und stehen dadurch im
scharfen Gegensätze zum holländischen Sittenbilde. Teniers malt hier die
zum Feste versammelte Volksmenge, und wir bewundern das Geschick
seiner Komposition, wie er die Massen so klar auseinander zu halten, die
Gruppen so geschickt anzuordnen und doch das Ganze im freien Fluss
ungezwungenen Lebens zu geben versteht. Die südlichen Niederlande
besitzen ein weit stärkeres, farbenreicheres öffentliches Volksleben als die
nördlichen, deren Sittenbild demgemäss, gleichviel ob es die höheren oder
niederen Gesellschaftsclassen behandelt, ein mehr intimer Reiz eignet. Die
Composition, die bei vielen Bildern von Teniers einer ihrer bedeutendsten
Vorzüge ist, bildet gewiss nicht die starke Seite des holländischen Sitten-
bildes; sie verlor hier schon in Folge der wenigen Figuren, mit denen
sich das holländische Sittenbild in der Regel beschäftigt, wesentlich an
Bedeutung. Das holländische Sittenbild hält sich mehr an den Einzelnen,
das vlämische dagegen erfasst das Ganze des Volkes. Das holländische
Sittenbild zieht sich gemäss dem holländischen Leben und der dadurch
begründeten Eigenart holländischer Kunst gern zurück in das gemüthliche
Stübchen oder in die dunst- und raucherfüllte Kneipe; das vlämische gibt