Leben und Kunst zweier niederländischer Bauernmaler des siebzehnten Jahrhunderts.
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ordentliche Bauern und Arbeiter, und nicht Proletarier aufgreift und der
Strolch höchstens dann und wann als komische Figur auftritt, so sucht
er auch stets die hübscheren unter diesen Leuten besonders für seine
Hauptfiguren heraus. Eine stattliche Anzahl plumper, komisch hässlicher
Gesellen mit täppischer Haltung, grossem Mund und entsetzlich dicker
Nase findet sich auf jedem Bauernfest des Teniers, so gut wie sie auch
in Wirklichkeit nicht zu fehlen pflegen; aber zu seinen tanzenden Paaren,
die sich manchmal recht anmuthig bewegen und weit von der tollen Aus-
gelassenheit auf der Rubens'schen Bauernkirmess im Louvre entfernt sind,
sucht er die schmucksten Bursche und Mädchen des Dorfes aus, und mit
einer gewissen Vorliebe sehen wir ihn oft bei dem anziehenden Kopf
eines würdigen, greisen Bauern verweilen oder bei dem sorgfältig geputzten,
reichen Bauer, der mit seiner Frau von dem wohlbesetzten Tische aus
dem Tanze zusieht.
In einer Ecke des Vordergrundes finden sich sowohl bei den kleinen
Kneipscenen als bei den grossen Volksfesten des Teniers nicht selten
einige Töpfe, Krüge, Schüsseln, Teller, ein kupferner Kessel und Aehn-
liches malerisch zusammengestellt, Wie die Versuchung des hl. Antonius
und die Hexenscenen Teniers' zurückweisen auf die Spukbilder von
Brueghel und Bosch und von da auf die mittelalterlichen Miniaturen, so
erinnert dieses hier bescheiden in die Ecke gedrängte Beiwerk an die
Verbindung von Stillleben und Sittenbild, die gleichfalls schon die Minia-
turen des späteren Mittelalters zeigen, die sich dann so charakteristisch
bei Massys, Aertsen, Buecklaer und auch bei jan Brueghel findet. Es
war eben bei dem Stillleben wie bei dem Sittenbild der Reiz des Male-
rischen einer der massgebendsten Faktoren ihrer Entwicklung, und auch
Teniers lockte dieses besonders zum Sittenbild, wie das malerische Ge-
rümpel im Vordergrund andeutet, das mit so viel Liebe und Geschick
ausgeführt ist.
Für die Entwicklung des Sittenbildes in Antwerpen war der Einfluss
Hollands, besonders des Lukas van Leyden und Aertsen's, von mass-
gebender Bedeutung, und auch Teniers, der charakteristischste vlämische
aller Sittenbildmaler, weist besonders mit seiner malerischen Entwicklung
wieder sehr deutlich auf jenen Einfluss hin; er ist bei ihm mit bedingt
durch den Zusammenhang mit jenen älteren Meistern des Sittenbildes, die
mit der holländischen Kunst in so innigem Zusammenhang stehen; er
wird dann noch bedeutsam verstärkt durch den Einfluss des seit 163! in
Antwerpen weilenden Adriaen Brouwer, dessen Kunstcharakter entschieden
holländisch ist. Der schwerbraune Ton, auch die meist ziemlich grossen
Figuren der früheren Bilder von Teniers gründen in diesen Verhältnissen,
auch in der letzten Periode seines Schaffens, wie in dem interessanten
Bildchen von 1680 der Münchener Pinakothek, auf dem sich Teniers als