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Leben und Kunst zweier niederländischer Bauernmaler des slebzehnten Jahrhunderts.
der Auffassung, die den Charakter dieses Sittenbildes bestimmt, war aber
doch nur dadurch möglich, dass er auf so vielen Gebieten der Malerei
thätig war, und auch der feingebildete Maler, welcher der Kunst aller
Zeiten ein sorgfältiges Studium widmete, wie nicht minder der Hofmaler,
der sich so gern in den vornehmsten Kreisen bewegte, sprechen deutlich
genug aus den Bauernbildern des Teniers. Teniers beschränkt sich übrigens
auch hier keineswegs auf das Bauernbild, er bringt häufig Wachtstuben
oder auf dem Bilde von 1648 im Belvedere in Wien Räuber, die ein
Dorf plündern; er malt den Goldmacher und den Quacksalber und führt
uns, auch abgesehen von den oben erwähnten Bildern, nicht selten in die
feinere Gesellschaft, die wir auch auf seinen Bauernbildern Wiederholt als
Zuschauer im Vordergrunde antreffen.
Die Bauernbilder des Teniers scheiden sich in zwei Gruppen, die
eine zeigt in zahlreichen, meist kleinen Bildern das gewöhnliche Treiben,
das tägliche Leben der Leute, die andere dagegen das zum Feste ver-
sammelte Volk; man könnte auch sagen, die eine stellt die kleinen täg-
lichen Freuden des Bauern dar, die andere seine grossen, die Feste.
Teniers" Bauern sind immer vergnügt; der durchweg liebenswürdige Meister
sucht nicht wüste Kneipscenen wie _]an Steen, nicht Raufereien wie Brouwer,
sondern er malt das Vergnügen des Bauern, der einen guten Schluck
Wein trinkt, das Behagen des Mannes, der sein Pfeifchen schmaucht, den
Bauer, der mit grösster Andacht den Tönen der Stockgeige lauscht, oder
den hellen Jubel der tanzenden Paare, denen die Alten vergnügt zusehen;
kleine Derbheiten kommen ja bei Teniers hie und da vor; sie können
auch bei einem wahren Sittenbildmaler dieser Zeit unmöglich fehlen, aber
sie werden stets sorgfältig in den Hintergrund gerückt.
Der Reiz feiner Charakteristik, und zwar nicht nur in den Zügen,
sondern auch in der stets trefflich gekennzeichneten Haltung der Figuren,
war entschieden einer der Hauptgründe, die Teniers zum Sittenbilde
führten. In hohem Grade bewundernswerth ist dabei, dass er trotz der
bis ins Kleinste gehenden Feinheit seiner Beobachtung, trotz der grossen
Sorgfalt seiner Darstellung nie kleinlich in der Behandlung wird und stets
die für die leicht ansprechende humoristische Wirkung seiner Bilder so
wichtige Freiheit des Vortrages zu wahren weiss.
Der feine Humor eines liebenswürdigen Erzählers ist der Grundton
von Teniers' Bauernbildern, und in bewundernswerther Weise beseelt er
mit ihm alle seine Figuren, dabei doch in Jedem eine andere Stimmung,
einen anderen Charakter zeigend; es ist mitunter eine ganze Dorfgeschichte,
eine Liebesgeschichte mit all ihren Leiden und Freuden, die der Künstler
bei seinen Kirmessfesten so nebenher erzählt.
Teniers" Bauern sind viel zu wahr nnd charakteristisch, als dass sie
ausgesucht schön sein könnten; aber wie er auf seinen Bildern durchweg