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Leben und Kunst zweier niederländischer Bauernmaler des siebzehnten Jahrhunderts.
Ausführung der Werke des Teniers von seinem nie ermüdenden F leisse,
von seiner Liebe zur Kunst, so ist andrerseits der Reichthum des Stoffes
derselben ein Beleg für die reiche Phantasie, für die Vielseitigkeit der
Interessen des Künstlers. Man ist gewöhnt, in Teniers gewöhnlich schlecht-
weg den treftlichen Bauernmaler zu sehen, aber damit ist das Feld seiner
Arbeit doch keineswegs erschöpft, vielmehr liegt gerade in der Vielseitig-
keit der Stoffe, die er behandelte, ein charakteristischer Zug des Meisters,
der ihn scharf von vielen anderen Meistern des Sittenbildes unterscheidet,
und der auch der Auffassung und Darstellung seiner Sittenbilder selbst
wieder zu gute kam.
In seiner Jugend malte Teniers wahrscheinlich hauptsächlich des
Erwerbes wegen eine Reihe von Kirchenbildern; er griff aber durch
sein ganzes Leben ab und zu immer wieder auf dieses Gebiet zurück,
wie er z. B. 1646 Christus malte, der Petrus verleugnet (Louvre), wobei
allerdings die Wachtstube im Vordergrunde als die Hauptsache erscheint,
1649 den in Schwerin befindlichen Daniel in der Löwengrube, 165 3 das
tiefempfundene Dankopfer Abrahams im Belvedere in Wien und 1666 für
die Dorfkirche zu Perk den heiligen Dominicus, der vor der Maria mit dem
Kinde kniet. Besonders gern griff Teniers natürlich unter den biblischen
Vorwürfen die auf, welche ans Sittenbildliche streifen, wie Loth und seine
Töchter (München) oder den verlorenen Sohn, wovon das Louvre das
schönste Exemplar von I644 besitzt. Dass die sittenbildliche Auffassung
den Charakter der kirchlichen Bilder David Teniers' fast durchweg be-
stimmt, ist natürlich, und ebenso, dass sie dadurch meist eine höhere, dem
Wesen des Stoffes entsprechende Bedeutung nicht zu gewinnen vermögen;
aber abgesehen von einzelnen wirklich schätzenswerthen Leistungen auf
diesem Felde, wie z. B. dem Opfer Abraham's in Wien, erscheinen diese
Werke interessant für den Charakter des Künstlers, weil sie zeigen, wie er das
Bedürfniss hatte, sich stets auch mit tieferen Problemen zu beschäftigen.
Einen interessanten Hinweis auf die geschichtliche Entwicklung des
Sittenbildes geben uns die zahlreichen Darstellungen der Versuchung des
hl. Antonius und die damit zusammenhängenden Hexenbilder des Künstlers.
Teniers, der vielfache Anregungen durch die Sittenbildmaler der älteren
Antwerpener Schule erhielt, war diese für derartige groteske Scenen
besonders durch den alten Pieter Brueghel geworden. Diese Grotesken
weisen von Brueghel zurück auf Bosch, von diesem auf die Dröleries des
späteren Mittelalters, und schon der phantastische Schmuck der romanischen
Kirchenportale ging zu einem guten Theile aus einem verwandten Geiste
hervor. Der Künstler, der sonst während des Mittelalters in seinen Dar-
stellungen so vielfach gebunden war, wollte und durfte hier seiner Phantasie
völlig freien Lauf lassen. Als aber der Phantasie des Künstlers durch die
selbständigen Gattungen des Sittenbildes, des Thierbildes, des Stilllebens