Deutsche
italienische Kunst.
und
Figurenbilde oft sehr massgebend mit und die reichen Hintergründe eines
Giovanni Bellini, Cima da Conegliano oder Rocco Marconi heimeln uns
entschieden an. Dass dieser verwandte Zug der oberitalienischen Kunst,
die ja in vielem der nordischen näher steht als die toskanische und mit
dadurch einen so grossen, mächtig fördernden Einfluss auf sie gewann,
durch die Landschaft des südlichen Alpenhanges bedingt ist, die im Gegen-
satz zur toskanischen und römischen doch noch viel Verwandtes mit der
nordischen Landschaft besitzt, spricht klar genug aus diesen Bildern.
Aber doch ist der Unterschied auch hier ein fundamentaler. Die duftigen
Landschaften dieser Meister sind eben doch echte Hintergründe, und sind
sie auch mit besonderer Liebe und reicher durchgebildet als bei den
Toskanern, so wahren sie doch stets die volle, einheitliche Wirkung.
Während der Deutsche, der die Gewohnheit hat, spazieren zu gehen,
was der Italiener in diesem Sinne nicht kennt, uns in seiner Landschaft
gleichsam spazieren führt, um uns zu zeigen, wie hübsch jedes einzelne
Plätzchen, und die Landschaft bis an den Rand des Bildes ausdehnt, wo
er noch jede Blume, jeden Stein und Käfer sorgfältig charakterisirt, so
giebt entgegengesetzt der Oberitaliener den freien Blick über eine schöne
Landschaft, die in einiger Entfernung liegt; wer von der lombardischen
Ebene aus den Südabhang der Alpen betrachtet, wer den Blick von der
Nordseite der venezianischen Insel nach dem Festlande kennt, keimt auch
den Grund dieser Auffassung der oberitalienischen Landschaften. Selten
dehnt sich wie z. B. auf Giovanni Bellinis interessantem Bilde, dem Tode
des Petrus Martyr, in der National-Galerie zu London die Landschaft bis
in den Vordergrund aus, und in diesem Falle bildet stets ein grosses,
einheitliches Motiv den Vordergrund, wie hier die geschlossene Wald-
gruppe, neben der wir dann den Ausblick in die weite, stimmungsvolle
Ferne haben; höchst bedeutend verwerthet die reiche Kunst Tizians
und Giorgiones diese Landschaften mit dem einfach grossen Vordergrund
und dem Ausblick in die reiche, stimmungsvolle Ferne.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese landschaftliche Auf-
fassung der Oberitaliener der gleichzeitigen deutschen in Vielem überlegen,
ja für die Landschaft, die, wie stets bei den Venezianern, nur die Situation
für das Historienbild geben soll, sogar die einzig richtige ist. Aber die,
ich möchte sagen, fast kurzsichtige Anschauung der Deutschen jener Zeit
hat doch auch einen eigenartigen Reiz und vor Allem eine grosse histo-
rische Bedeutung. Der deutsche Künstler muss sich meist mit kleinem
Raum bescheiden, aber er hat gar viel zu sagen, und so bringt er neben
dem Historienbilde noch eine Landschaft, so reich an schönen Motiven,
dass man oft zwei volle Bilder aus ihr machen könnte, und doch finden
oft nebenher noch ein paar gute Genregruppen Platz auf dem Bilde.
Dem Deutschen fehlt jene weise Beschränkung, durch die der Italiener