italienische Kunst.
Deutsche und
Weiden und Erlen, hie und da auch ein kleines Gehölz, gar lauschige
Plätze bilden, vor uns breiten sich blumige Wiesen und schöne Korn-
felder aus, deren Gemarkungen durch eine Hecke von Haselnussstauden
getrennt, zwischen denen zuweilen eine stattliche Esche, ein Ahorn oder
eine Buche steht; etwas ferner liegen mehrere Dörfer mit ihren oft recht
stattlichen Kirchthürmen, durch Obstbäume umgeben, den Hintergrund
aber bildet der ausgedehnte Wald mit einigen grossen Eichen am Rande,
den hellen Buchen, den dunkleren Tannen und Fichten im Innern, zwischen
denen die Sonne mit so unvergleichlichem Reize auf das weiche Moos-
polster scheint. Am jenseitigen Rande des Waldes aber sieht von dem
Felsen, der schroff gegen den rasch dahineilenden Fluss abfällt, ein statt-
liches Schloss, durch mehrere Thürme geschmückt, die Mauern aus
mächtigen Quadern gefügt, stolz ins Thal hinab, während die gegenüber-
liegende Burg in Trümmer gesunken ihren hohen, malerischen Reiz durch
die auf den morschen Mauern wachsenden Bäume und Sträucher gewinnt;
sie ist jetzt der Tummelplatz einer frohen Kinderschaar des nächsten
Dorfes, die hier in der Liebe zur Natur, in freundschaftlichem Verkehr
mit ihr aufwächst. ja die deutsche Landschaft ist reich, zumal wenn
wir sie in ihren verschiedenen Charakteren von den Alpen bis zum Meere
verfolgen, sie wird für uns aber besonders reich dadurch, dass wir von
Klein auf im trautesten Umgange mit ihr leben, Alles bis zum Kleinsten
hier lieb gewinnen, mit ihr verkehren wie mit einem Freunde, Trost für
unser Leid in ihr suchen und frohen Herzens uns hier am glücklichsten
fühlen. Aus dieser Liebe zur Natur bis zum Schmetterling, zur Schnecke,
zu jeder Blume und zu den kleinen MoospHanzen ging die deutsche Land-
schaftsmalerei hervor, die reizenden Miniaturen unserer mittelalterlichen
Handschriften erzählen davon, nicht minder die Ranken und Blumen, sowie
die kleine Thierwelt, die sich zwischen ihnen tummelt, in den Randleisten
mittelalterlicher Gebetbücher; die überreichen, in so klarem Sonnenlichte
strahlenden Hintergrundslandschaften und oft auch die Vordergründe mit
ihren feinen Details auf den Handrischen und oberdeutschen Gemälden am
Ausgange des Mittelalters zeugen hiervon, und wie prächtig spricht diese
Empfindung manche der schönsten Landschaften Dürers aus, wie z. B.
die Burglandschaft auf dem hl. Eustachius oder der herrliche Blick in
das Alpenthal auf der grossen Fortuna.
Ganz anders als bei den Deutschen entwickelt sich der landschaftliche
Sinn der italienischen Künstler. Die Hintergrundslandschaften der Italiener
zeigen gleichfalls ein feines Verständniss für die Schönheit der Landschaft;
wie könnte dies auch dem modernen Künstler fehlen, Zumal wenn ihn
eine so herrliche Natur wie die italienische umgiebt. Aber wenn die
I-Iintergrundslandschaft der deutschen Meister eine Welt für sich ist, weil
der Künstler in seiner Liebe zum Detail, in seiner Freude an den einzelnen,