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Marco.
Zwei Mönche "von S.
erinnert, er sei der Erfinder der Gliederpuppe gewesen; selbst wenn die
Thatsache nicht richtig, charakterisirt diese Angabe jedenfalls trefflich
Bartolemmeds Art, die Gewänder zu studiren, wie sie sich aus seinen
Zeichnungen ergiebt.
Mit die ansprechendsten Werke Bartolommeds sind desshalb seine
grossen Kartons, die als seine unmittelbarsten Leistungen von einfach mäch-
tiger Wirkung sind. Von der jetzt in der Florentiner Akademie aufbewahrten
Sammlung derselben gehören zu den bedeutendsten die zu dem Bilde mit der
hl. Katharina von Siena von 1509 in Lucca, dann ein grosses Rundbild der
hl. Familie von sehr inniger Auffassung und St. julianus und eine Heilige,
ersterer durch die Haltung trefflich als müder Greis charakterisirt,
während die Heilige die Hände abwärts senkt, den Kopf dagegen
ekstatisch erregt emporhebt. Die bedeutendsten dieser Kartons aber
sind die um I 514 gezeichneten lebensgrossen Gestalten Petri 1) und Pauliz).
Besonders Paulus ist eine machtvolle, thatkräftige Erscheinung, der eine
dem Frate früher fremde Energie innewohnt, die auch aus dem leiden-
schaftlichen Kopfe spricht mit dem begeisterten Blick und dem zur Rede
geöffneten Mund; die Stellung hat fast etwas Herausforderndes, der rechte
Fuss tritt auf eine Säulenbasis, die linke Schulter ist etwas zurückgenommen,
unter dem linken Arm trägt der Apostel ein grosses Buch, mit der Rechten
stützt er sich auf sein Schwert. An echt monumentaler und mächtiger
Wirkung kann selbst die italienische Kunst dieser Gestalt, die offenbar
unter allerdings ganz selbständig verarbeiteter Anregung der sixtinischen
Decke Michelangelds entstanden, nur Weniges an die Seite stellen. Ein
Vergleich mit Dürer's Paulus auf seinem Gemälde der vier Apostel liegt
nahe. Die beiden grossartigen Gestalten haben manches Verwandte, zeigen
aber auch sehr wesentliche Unterschiede, die von erhöhtem Inseresse da-
durch, dass sie tief in dem Unterschiede deutscher und italienischer Art
gründen. Gerade die ruhige, feste Stellung ist für Dürer's Paulus charak-
teristisch, das Zurückhalten und Bemeistern der gewaltigen Leidenschaft,
die in dem Manne gährt; der Paulus Bartolommeds dagegen wirkt
vor Allem durch die grosse pathetische Bewegung, mit der er uns ent-
gegentritt; der deutsche Paulus hat die Hand fest um den Griff des
gewaltigen Zweihänders geballt, der italienische legt sie Hach auf die
Parierstange seines Schwertes; jener hält seinen wuchtigen Zorn zurück,
wenn es aber zum Aeussersten kommen sollte, wird er unerbittlich drein-
schlagen; dieser dagegen hält, auf das Schwert gestützt, eine mächtige
Rede.
1) Der Kopf leider sehr beschädigt.
2) Ueber die im Quirinal befindlichen Gemälde siehe Crowe und Cavalaselle:
der italienischen Malerei. IV. 469 u. f.
Geschichte