Zwei Mönche
Marco.
siren. Wie weit ist diese Auffassung von der Fiesole's getrennt, wie viel
tiefer das Problem gegenüber jener kindlichen Vorstellung von Himmel
und Hölle; bezeichnend treten uns unter den Seligen bei Bartolommeo
nicht nur Kinder, wie bei Fiesole, sondern zuerst würdevolle, ältere Männer
entgegen. Bartolommeo fasst das jüngste Gericht als eine feierliche Hand-
lung, weniger als ein mächtiges, momentanes Ereigniss auf. Seine Kom-
position ist klar nach allen Regeln der Kunst aufgebaut und zum ersten
Male bei diesem Gegenstande wirklich vertieft, er vermeidet alles Hässliche
selbst bei den Verdammten; gerade hier in den von Schmerz überwältigten
Gestalten bringt er schöne Motive, wie den schmerzvoll sich dehnenden
Mann, besonders aber das weinende Weib und die Klage der schönen
Frau, die ihr Gesicht verhüllt, ergreift sicher tiefer, als alle möglichen
Teufelsfratzen. Ein grosser, edler Zug ist dem Ganzen eigen, das auch
koloristisch nicht unbedeutend gewesen zu sein scheint, aber für den Gegen-
stand ist die Auffassung doch zu kühl, die ruhige Haltung des Ganzen
erfasst nicht die eigenartige künstlerische Bedeutung des dargestellten
Momentes. Es gründet dies einerseits darin, dass Bartolommeds stiller
Natur die mächtige, momentane Aktion fern lag, andererseits aber auch
entschieden in dem Umstande, dass er die Absicht hatte, eine kirchlich
feierliche Darstellung zu geben, dass er der erste ist, der bewusst nach
einem speciell kirchlichen Stile strebt; gerade für dieses hohe, fürden
Künstler aber auch sehr gefahrvolle Streben mag Savonarola von mass-
gebendem Einfluss auf Bartolommeo gewesen sein. Fra Bartolommeo
steht hier in direktem Gegensatze zu Fiesole, dessen Frömmigkeit in der
Kunst völlig naiv ist, er malt fromm, weil es sein ganzes Wesen ist, seine
Phantasie nur in dieser Anschauung lebt, Bartolommeo dagegen will
fromm malen, strebt nach einer speciell dem Kirchlichen entsprechenden
Kunst.
Eine Veränderung der künstlerischen Ziele Bartolommeds tritt mit
seinem Eintritt in das Kloster nicht ein, man kann das gegenüber der
Darstellung des jüngsten Gerichtes auch nicht erwarten, gleichwohl aber
war dieser Eintritt eine Thatsache, die von massgebendstem EinHuss auf
Bartolommeds Kunst war. In S. Marco, das heute noch den Hauptort
für das Studium Fiesole's bildet, findet sich jetzt nur wenig mehr von
Bartolommeds Kunst, der hier mit so ausserordentlichem Fleiss gearbeitet.
Dass heute noch so viel von Fiesole, nur mehr so wenig von F ra Barto-
lommeo sich in den Klosterräumen befindet, ist nicht zufällig. Fiesole
arbeitete in erster Linie für sein Kloster, er schmückte den Kapitelsaal,
die Zellen der Brüder mit Fresken; Bartolommeo arbeitete auch für das
Kloster, aber in anderer Weise, indem er grosse Altarbilder malte, die
meist um bedeutende Preise verkauft wurden; Jahre an die Ausmalung
der Zellen und Gänge des Klosters zu verwenden, lag nicht in seiner Art