Mönche von
Zwei
Marco.
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zuschliefsen, den ein auf das Anmuthigste bewegter Engel führt, der die
Linke graziös in die Hüfte legt. Aber auch das Detail ist mit grosser
Sorgfalt behandelt, liebevoll der Natur abgelauscht, die Fiesole viel ein-
gehender beobachtet als man gewöhnlich glaubt, wie reizend sind die
Hände bewegt, wie leicht greifen sie ineinander, wie hat der Künstler auch
hier jede Bewegung beobachtet, durchdacht, vor Allem aber empfunden
Dass der versöhnende Theil des jüngsten Gerichtes bei Fiesole an
künstlerischer Bedeutung überwiegt, ist selbstverständlich, in scharfem
Gegensatz zu dem F resko in Pisa zeigt dies schon die Gestalt Christi, der
sich dort zürnend gegen die Verdammten wendet und mit der Linken sein
NVundenmal entblösst, bei F iesole dagegen durch die erhobene Rechte die
Seligen einläd, zu ihm zu kommen, während die Linke, welche die Ver-
dammten abweist, nur schlaff herabhängt. Die Engel, die Christi Glorie
umschweben, sind voll kindlicher Heiterkeit; ernst in stiller Andacht, teil-
weise die Hände zum Gebete faltend, sitzen die Apostel und Propheten
da, sowie Franziskus und Dominikus, Johannes und Maria, die durch
demüthiges Gebet ihre Fürbitte einlegen. Kindliche Frömmigkeit und das
unbewusste heitere Glück des Kindes bilden den Grundzug der Seligen und
dem Kindlichen entspricht, wie schon oben angedeutet, das Formgefühl,
das nicht nach scharfer Durchbildung, nicht nach bestimmter Charakteristik
strebt und ebenso das zarte duftige Kolorit; vor Allem aber wirkt das
Ganze so anziehend durch die dem Künstler in Form und Bewegung in
so hohem Grade eigene Anmuth: wie sehr zeigt sie z. B. der kleine
Mönch, der den Reigen mittanzt und den man nur von rückwärts sieht,
man begreift gar nicht, wie diese einfachen Striche so reizend wirken
können; ein guter Theil dieser Wirkung ruht aber gerade in der Einfachheit,
die hier, wo sie völlig naiv, entzückend wirkt, die aber einer späteren,
reiferen Kunst unmöglich, was hier wahre Naivität, würde dort atfektirte
Nachahmung.
Aus der letzten Periode Fiesole's, der Zeit seiner Thätigkeit in Rom,
haben sich zwei Hauptwerke erhalten, die Fresken an der Decke der
capella nuova am Dom zu Ovieto (um 1447) und der stattliche Fresken-
cyklus aus dem Leben der Heiligen Stephanus und Laurentius, den er im
Auftrage Nikolaus V. im Vatikan malte. Dass die Fresken im Vatikan
de-r beste Beweis sind, dass sich Fiesole durchaus nicht gegen die Fort-
schritte der zeitgenössischen Kunst abschloss, ist in neuerer Zeit wieder-
holt mit Recht betont worden. Die Umgebung wird hier in ein richtiges
Verhältniss zu den Figuren gesetzt, nicht mehr als blosse Coulisse be-
handelt; die feine Naturbeobachtung Fiesole's tritt freier zu Tage, so
besonders in den reizvollen Bildern der Almosenspende durch Stephanus
und Laurentius, zumal bei letzterem in den bescheiden um eine Gabe
bittenden Krüppeln, in der verschämt sich nähernden Mutter mit ihrem