S. Marco.
Mönche von
Zwei
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kirchliche Handlung; die Apostel stehen längs des Tisches und Christus
reicht ihnen die Hostie.
In Zelle 34 befindet sich ein feines Altärchen mit der Verkündigung
und der Anbetung der hl. drei Könige, in Zelle 33, eines der zartesten
Tafelbilder Fiesole's, die Madonna della stella. Vergleicht man dasselbe
mit dem Mittelstück des im Jahre 1433 für die linaiuoli in Florenz gemalten
grossen Triptychons, das jetzt in den UfFizien, so zeigt sich klar die Ueber-
legenheit der kleinen Madonna della stella in unbefangener Beobachtung
und Darstellung der Natur. Auf dem Mittelbilde des Triptychons steht
das Kind, in ein langes, steifes F estgewand gekleidet, auf dem Schoosse
der Maria, in der Linken hält es die Weltkugel, die Rechte hat es feierlich
zum Segnen erhoben; der Kopf der Maria ist noch sehr befangen, besonders
in den schielenden, enggeschlitzten Augen. Weit natürlicher und an-
muthiger ist die Madonna della stella; das Kind sitzt auf dem linken
Arm der Maria und schmiegt sich zärtlich an diese, es ist als flüstere es
ihr ein Geheimniss zu, dem die liebende Mutter staunend lauscht; von
hohem Reize sind die sechs Engel, welche die Maria umschweben.
Das bekannteste Werk Fiesolds aber, ja eines der populärsten der
gesammten italienischen Kunst, sind jene zwölf musicirenden Engel, welche
er an den Rand des Mittelstückes jenes grossen Triptychons malte; sie
gehören in der That auch zum Vollendetsten, Eigenartigsten und Poesie-
vollsten, was er geschaffen. Gleichzeitig arbeiteten Donatello und Luca
della Robbia an ihren Reliefs mit musicirenden Engeln für die Sänger-
tribüne im Dom, die jetzt in der opera del duomo aufbewahrt werden.
Die Mannigfaltigkeit der Charaktere der Künstler, die unbekümmert neben
einander arbeiteten, gehört zu den interessantesten Zügendes Florentiner
Kunstlebens im I5. Jahrhundert; sie spricht sich in derartigen kleineren
Arbeiten nicht minder scharf und anziehend aus, als in den Hauptwerken
der Meister. Donatello bringt kräftige, frische Kinder, die sich fröhlich
tummeln, sich in ihrer Ausgelassenheit zuweilen auch einen derben Scherz
erlauben, nur ihre kleinen Flügel sagen, dass sie Engel sind; Luca scheint
in seinen halbwüchsigen Knaben und Mädchen den Vorwurf dadurch, dass
er die Flügel weglässt, fast realistischer aufzugreifen, aber doch gewinnt
das Ganze durch die zarte Bewegung, vor Allem durch den hohen Lieb-
reiz der Gestalten, eine entschieden idealere Stimmung, die seine un-
geflügelten Gestalten doch den Engeln Fiesole's verwandter erscheinen
lassen, als die ausgelassenen Kinder Donatellds. Fiesole's Engel aber
sind reine Idealgestalten, Geschöpfe einer höheren, schöneren Welt. Be-
wundernswerth ist dabei vor Allem, wie sich der Künstler trotzdem von
allem Typischen frei hielt, wie fein er den Ausdruck und die Bewegung
dieser lieblichen Gestalten individualisirt. Fiesole kennt nicht die schwärme-
rische Träumerei musikalischer Stimmung, die Bellini so fein empfindet,
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